Mehr als 90% der Onlinekunden lesen sich vor dem Kauf Produktbewertungen durch. Aber nicht nur für die User Experience sind Rezensionen anderer Kunden enorm wichtig, auch Händler können von ihnen profitieren. Felix Schirl, CEO der Trbo GmbH, erklärt, wie Kundenbewertungen Nutzer beeinflussen, was verschiedene Käufertypen bewegt, Bewertungen zu verfassen und wie Händler zusätzliche Anreize setzen.
Dafür ist es aber wichtig zu verstehen, warum Kundenbewertungen überhaupt verfasst werden und inwiefern sie Kaufentscheidungen beeinflussen können. Werden die Bedürfnisse der User richtig verstanden, können Kundenbewertungen maßgeblich zum Erfolg eines Webshops beitragen.
Warum schreiben Kunden überhaupt Bewertungen?
Menschen sind darauf gepolt, einer Gemeinschaft angehören zu wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen jedoch auch Gegenleistungen erbracht werden. Ein Motiv, warum manche Kunden bereit sind, ihre Meinung oder Erfahrungen in Form einer Bewertung auf Internetseiten zu veröffentlichen, ist beispielsweise Hilfsbereitschaft gegenüber anderen Mitgliedern dieser Community.
Deshalb beeinflussen Kundenbewertungen die Nutzer
Geht es darum, Entscheidungen zu treffen, verlassen sich die meisten Kunden auf die Meinung anderer. Bereits als kleine Kinder lernen wir durch das Beobachten von Entscheidungen anderer Menschen. Je nachdem, welches Ergebnis aus einer Entscheidung resultiert, entscheiden wir, ob wir das Verhalten nachahmen möchten oder nicht.Dieses Phänomen findet man auch beim Online-Shopping wieder. Ein Produkt, welches viele positive Bewertungen hat und häufig gekauft wird, wird von einem Nutzer leichter bestellt. Dabei können Faktoren wie zum Beispiel die Qualität sogar in den Hintergrund rücken. Der sogenannte "Popularity Bias" beschreibt genau dieses Phänomen: Je mehr positive Produktbewertungen über einen Artikel vorhanden sind, desto attraktiver ist er für die User.
Aus diesem Grund arbeiten Retailer auch besonders gerne mit "Social-Proof"-Elementen (deutsch: sozialer Nachweis). Damit kann angezeigt werden, wie viele Kunden den Artikel bereits gekauft haben oder ihn im Moment betrachten.Das Prinzip der Risikovermeidung
Des Weiteren beeinflusst die Nullrisiko-Verzerrung (engl. "zero risk bias") das Konsumverhalten. Sie beschreibt die Vorliebe für Sicherheit, denn Menschen vermeiden gerne Risiken und entscheiden sich eher für sichere Situationen. Eine sichere Situation wäre in dem Fall ein Produkt zu kaufen, das von vielen Käufern als gut befunden wurde.Authentische Bewertungen sind deshalb das A und O. Zusätzlich können Shopbetreiber bei der Entscheidung unter die Arme greifen, indem ausführliche Produktinformationen und Angaben zu der Passgenauigkeit angezeigt werden.
Kundenbewertungen sorgen folglich für eine verbesserte Nutzererfahrung, indem sie anderen Usern Orientierung bieten und sie bei der Wahl des richtigen Produkts unterstützen. Dabei sollte jedoch immer überprüft werden, an welcher Stelle und in welchem Layout Kundenbewertungen optimal dargestellt werden, um den Nutzer zum Kaufabschluss zu motivieren.

So erhalten Webshops mehr Produktbewertungen
Möchten Retailer möglichst viele authentische Produktbewertungen auf ihrer Website haben, müssen sie auf die unterschiedlichen Kundentypen individuell eingehen.- Der Hilfreiche: Dieser Kundentyp möchte mit seiner Bewertung einen Mehrwert bieten und anderen Kunden eine kleine Hilfestellung in ihrer Kaufentscheidung bieten. Allerdings muss er zunächst dazu motiviert werden, eine Rezension über seinen letzten Kauf abzugeben. Mit einer Nach-Kauf-E-Mail können Shopbetreiber einen Anreiz setzen. Der Hilfreiche bietet zwar gerne seine Unterstützung an, allerdings sucht er nach einer Bestätigung für die Nützlichkeit seiner Empfehlung. Deshalb ist es von Vorteil, im eigenen Onlineshop die Option anzubieten, Rezensionen als hilfreich oder nicht hilfreich bewerten zu können.
- Der Trendsetter: Nicht selten möchten Kunden gerne die ersten sein, die etwas Neues entdecken, ausprobieren und im besten Falle einen Trend auslösen. Ist das Produkt nicht zu ihrer Zufriedenheit, scheuen sie sich aber auch nicht davor, es zu kritisieren. Sie definieren sich gerne durch das, was sie teilen – ganz gleich ob auf Social Media oder direkt im Webshop. Gibt es noch keine Bewertungen zu dem jeweiligen Artikel, bietet es sich also an, darauf aufmerksam zu machen. Mit dem Hinweis “Sei der Erste, der dieses Produkt bewertet” wird dieser Kundentyp ganz besonders motiviert, eine Kundenbewertung abzugeben.
- Der Boomerang: Ihm ist es ganz besonders wichtig, durch sein Feedback eine Reaktion seiner Peer Group auszulösen. Deshalb teilt er seine Meinung bevorzugt in den Sozialen Medien. Für Webshops ist es deshalb von großem Vorteil, ihren Nutzern die Möglichkeit anzubieten, Artikel auf Social Media teilen zu können. Gegebenenfalls können sie auch mit einem Gutschein dazu motiviert werden, eine Bewertung über ein Produkt mit ihren Followern zu teilen.
- Der Griesgram: Manche Nutzer lieben es, negative Bewertungen abzugeben und sich beschweren zu können. Nicht selten drohen sie Shops mit der Veröffentlichung ihrer negativen Erfahrungen in den Sozialen Netzwerken. Negative Erfahrungen sollten deshalb unbedingt ernstgenommen und im besten Fall verhindert werden. Eine lückenlose Kommunikation mit den Kunden ist dabei essenziell. Dazu zählen unter anderem Informationen zu Lieferzeiten und Retouren. Außerdem sollte auf Retouren und Beschwerden richtig reagiert werden. Eine Entschädigung zum Beispiel in Form eines Gutscheins beschwichtigt verärgerte Kunden und verhindert die Verbreitung von negativen Bewertungen.
Die Hemmschwelle senken
Shopbetreiber haben zahlreiche Möglichkeiten, ihre Kunden zur Abgabe einer Rezension zu bewegen. Allerdings ist nicht jeder Käufer bereit, einen langen Text zu formulieren. Deshalb ist es wichtig, auch einfache Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die Hemmschwelle kann beispielsweise durch einfache Sternebewertungen herabgesetzt werden.Auch bei der Darstellung der Bewertungen gibt es verschiedene Optionen, wo und wie diese eingesetzt werden können. Welche Variante tatsächlich am besten bei der Kundschaft ankommt, kann durch A/B- oder Multivariantentests überprüft werden.
Für Händler sind Bewertungen zudem wichtig, um rechtzeitig auf Produktmängel reagieren zu können. Dafür müssen sie kontinuierlich beobachtet werden. Bei kleineren Shops ist es zudem von Vorteil, negative Bewertungen persönlich zu beantworten. Das sollte sich nicht nur auf Bewertungen im Onlineshop beschränken, sondern auch ein gutes Social Listening umfassen.
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