
Wie aber stellt man Markenkonsistenz in der Online-Kommunikation sicher? Wie optimiert man das globale Messaging? Welche Chancen bietet Geo-Targeting? Tom Waterfall, Leiter des Bereichs Optimisation Solutions EMEA bei von Webtrends, erklärt in eimem Gastbeitrag wie Händler internationale Online-Kampagnen optimieren können.
Als ich 2007 nach Großbritannien umzog, musste ich mich an eine neue Stadt, eine neue Kultur und zahlreiche neue Akzente gewöhnen. Am gewöhnungsbedürftigsten war aber die Tatsache, dass ich regelmäßig für einen Amerikaner gehalten wurde (und werde). Zuerst hat mich diese Verwechslung gestört. Wie fast alles, ist aber auch dies Gewöhnungssache. Aber die Verwechslung meiner Nationalität hat mir wirklich etwas ausgemacht, denn trotz aller Ähnlichkeiten gibt es Unterschiede zwischen Kanadiern und Amerikanern.
Meine Erfahrung als Kanadier im Ausland lässt sich eins zu eins in die heutige Online-Welt übertragen. Unternehmen müssen berücksichtigen, dass die Menschen in verschiedenen Ländern oder Kulturkreisen auf jeweils ganz eigene Art und Weise mit ihren Webseiten interagieren und dass die Online-Erfahrung daher auf ihre Erwartungen zugeschnitten sein sollte. Mit Blick auf die Konversionsoptimierung möchte ich Ihnen hierzu eine Reihe von Best Practices ans Herz legen.
Wie sollte optimiert werden?
In der globalisierten Wirtschaft expandieren Unternehmen schneller denn je in andere Länder. Trotz aller Komplexitäten ist diese Internationalisierung ein Segen für Unternehmen, die ein Optimierungsprogramm durchführen.
Erstens erhöhen mehrere Webseiten in verschiedenen Sprachen die Flexibilität und den Umfang der möglichen Tests. Als Beispiel soll hier ein Retail-Anbieter dienen, der nur in einer einzigen Sprache präsent ist. Wie allgemein üblich, konzentriert auch er seine Tests auf den Umsatz und dessen Steigerung. Weil seine Webseiten aber nur in einer einzigen Sprache vorliegen, ist er hinsichtlich der Anzahl der gleichzeitig durchführbaren Tests deutlich eingeschränkt, da es zu einem Konflikt zwischen den Tests (und damit zu einer Datenverzerrung) kommt. Mehrsprachige Seiten haben den Vorteil, dass er die Tests abwechselnd für besonders interessante Märkte oder Sprachen durchführen kann. Konflikte zwischen den einzelnen Tests werden so vermieden.
Pfannkuchen und Ahornsirup
Zweitens können Sie sich Optimierungsmöglichkeiten erschließen, wo bisher keine waren. Wenn Sie in mehreren Ländern vertreten sind, könnte das Volumen bestimmter Märkte ein Hindernis für erfolgreiche Tests darstellen. Die Lösung: Führen Sie einen Test für mehrere Märkte mit ein und derselben Sprache durch. Nehmen wir einmal an, Ihr Unternehmen ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit jeweils einer eigenen Website vertreten. Eventuell beschert Ihnen genau der kumulative Traffic dieser drei Sites ein statistisch relevantes Testergebnis.
Das scheint im Widerspruch zu dem Diktum zu stehen, dass verschiedene Kulturen unterschiedlich behandelt werden müssen. Diesem Einwand möchte ich Folgendes entgegenhalten: Früher konnten Sie diese drei Märkte nicht separat testen und damit auch nicht separat optimieren. Nun ist dies möglich. Als Kanadier sage ich: Es ist wie bei Pfannkuchen und Ahornsirup - eines ist nichts ohne das andere.
Eine weitere Strategie besteht darin, Elemente, die auf mehreren Sites vorkommen, gleichzeitig zu testen. Indem Sie einen Test zum gleichen Zeitpunkt nach Sprache segmentiert durchführen, können Sie womöglich mehrere Sieger auf einmal ermitteln. Dabei sollten Sie sich auf nicht inhaltsbezogene Elemente wie Stil oder Layout beschränken, um den Planungs- und Entwicklungsaufwand zu minimieren und die Ergebnisse zu maximieren.
Was sollte optimiert werden?
Testen Sie Ihre internationalen Websites einfach so, wie Sie dies vom bisherigen Testing bereits kennen. Überlegen Sie, was Ihnen Ihre Daten und Studien sagen, und formulieren Sie darauf aufbauend eine Hypothese.
Das heißt natürlich nicht, dass wir in den vergangenen Jahren nicht ein paar interessante Trends festgestellt haben. So können auf französischen Produktseiten Schaltflächen mit dem französischen Äquivalent für „Kaufen“ oder „Jetzt kaufen“ bessere Ergebnisse erbringen als das übliche „Zum Warenkorb hinzufügen“ oder „In den Einkaufswagen“. „Kaufen“ ist eine sehr direkte Handlungsaufforderung, die in einer früheren Stufe des Sales Funnel die Kunden häufig abspringen lässt, da sie sich unter Druck gesetzt fühlen. Gleichzeitig sortiert es weniger kaufinteressierte Besucher aus und kann dazu führen, dass ernsthafte Interessenten die nächsten Schritte des Verkaufszyklus vollziehen. Ein entsprechender Effekt war zumindest auf zwei französischen Websites feststellbar.
Wenn Sie eine japanischsprachige Seite testen, gehen Sie mit Sicherheit ganz anders vor. Vor einigen Jahren beobachteten wir, dass ein Kunde mit einer ziemlich spielerischen, aber auch sehr textlastigen Version seiner Landing Page in Japan signifikante Performancesteigerungen erzielte.
In beiden Beispiele dreht sich alles um das Messaging. Bei international ausgerichteten Unternehmen sind auf dieser Ebene häufig Unterschiede erkennbar, die sich z. B. darin äußern, wie man die Kunden über den kostenlosen Lieferservice informiert oder wie man Besucher dazu bringt, sich für etwas anzumelden.
Die dritte und letzte Frage lautet: Welche Optimierungschancen bietet Ihnen Geo-Targeting? Landen Ihre Besucher überhaupt auf der für sie richtigen Seite? Viele Seiten scheitern schon an dieser einfachen Aufgabe. Mit einer Optimierungslösung lässt sich dies schnell und zuverlässig sicherstellen. Dazu kommt, dass die regionale Segmentierung anhand der geografisch spezifischen IP-Adresse immer präziser funktioniert, so dass für regional spezialisierte Angebote eine Fülle an Optimierungsmöglichkeiten besteht.
Konversion und ROI: Konsistenz als Herausforderung
Im globalen Wettbewerb ist Optimierung keine einfache Aufgabe, aber kein Unternehmen kann es sich leisten, Konversion und ROI zu vernachlässigen.
Markenkonsistenz ist extrem wichtig. Ebenso wichtig ist die Bereitstellung einer auf den jeweiligen Markt zugeschnittenen Besuchererfahrung. Die Balance zwischen diesen beiden Polen zu halten, ist eine echte Herausforderung für international agierende Unternehmen. Sie müssen nicht nur sicherstellen, dass ihre Marke jederzeit und überall klar erkennbar ist, sondern zudem auch die explodierenden Kosten für zahlreiche regionale Webseiten im Griff behalten.
Letztlich bieten die meisten Optimierungslösungen die notwendige Flexibilität, um auf der Grundlage von Regeln mehrere Versionen einer Seite bereitzustellen. Diese Möglichkeit sollten Sie nutzen. Wenn Besucher aus einem bestimmten Land positiv auf ein konkretes Layout, ein Messaging oder einen bestimmten Stil reagieren, gibt es ein zwingendes, auf Daten gestütztes Argument dafür, ihnen eine abgewandelte Version zu präsentieren. Anstelle sich zu fragen, ob eine Neuerung markentreu ist, sollten Sie sich fragen, was Ihre Site-Besucher wollen.
Zu guter Letzt
Als ich Ihnen geschildert habe, wie ich immer wieder für einen Amerikaner gehalten werde, habe ich nicht erwähnt, dass nicht jedes derartige Gespräch in peinlichem Schweigen endet. Vielmehr gibt es drei Szenarien:
„Woher aus Amerika kommen Sie denn?“
Tja, Pech gehabt, ich komme nicht aus Amerika.
„Ihr Akzent ist wirklich interessant. Sind Sie vielleicht Kanadier?“
Bei diesem Szenario ist sich mein Gesprächspartner nicht sicher, weiß aber, dass Kanadier im Allgemeinen nicht begeistert sind, wenn sie für Amerikaner gehalten werden. Um auf jeden Fall auf der sicheren Seite zu sein, entscheidet er sich für „Sind Sie vielleicht Kanadier?“
„Woher kommen Sie eigentlich?“
Mit dieser Frage kann man nichts falschmachen. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, warum sie nicht häufiger gestellt wird.
Naja, ich weiß natürlich schon, weshalb sie so selten ist. Weil wir alle - unabhängig von unserer Herkunft - unterschiedliche Verhaltenstendenzen aufweisen. Wir reagieren unterschiedlich. Wir mögen unterschiedliche Dinge. Wir verhalten uns unterschiedlich.
Obwohl Tests, Segmentierung und Targeting auf der Sprach- und Kulturebene ein wichtiger erster Schritt sind, um Mehrwert für Ihr Unternehmen zu schaffen, sind sie nur der Anfang. Mit einem anderen entscheidenden Faktor – der Personalisierung – können wir uns ja ein andermal beschäftigen. Bis dahin entschuldige ich mich als typischer Kanadier dafür, dass ich heute zu diesem Thema nichts sage.
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