Für viele Online-Shops ist der Aufbau und die Pflege der Kundenbindung ausbaufähig. Jedoch fokussieren sich die meisten Händler auf die Akquise von Neukundschaft. Nach dem Kauf endet dann die Customer Journey, bis zur Zustellung herrscht Funkstille. Dabei liegt in der Optimierung der Post-Purchase Experience viel Potenzial, um Käufer für sich zu gewinnen und langfristig zu binden. Mit welchen Maßnahmen das gelingt, erklärt Gastautor Moritz Weisbrodt, Founder und CEO von Alaiko.

Die Customer Journey sollte so intuitiv und reibungslos wie möglich sein, um Käufer und Käuferinnen zu binden. Das ist für Online-Händler klar, und es wird stark in die Optimierung investiert. Allerdings beschränkt sie sich meist auf die Verbesserung der Schritte bis zum Klick auf den “Kaufen”-Button – die weiterführende Post-Purchase-Experience wird vergessen. War das Erlebnis zuvor personalisiert und inspirierend, werden die Käufer nun allein gelassen.

Welche Schritte aber führen zu einer besseren Post-Purchase Experience? Nach dem Kauf gibt es verschiedene Optimierungsmöglichkeiten. Dabei geht es vor allem um Proaktivität, Self-Service für die Kundschaft und echtes Interesse an der Kundenmeinung.

1. Schneller Versand auch bei Herausforderungen
Käufer möchten ihre Ware schnell in den Händen halten. In der Realität sieht es aber oft anders aus: Manuelle Prozesse im Logistik-Setup werden schnell zum Bottleneck. Anfragen unzufriedener Käufer lassen dann nicht mehr lange auf sich warten.

Ein Beispiel für die Auswirkung manueller Prozesse sind fehlerhafte Adressen. Im "Idealfall" ist die Lieferung blockiert, das E-Mail-Ping-Pong zwischen Kundenservice und Käufern startet. Im schlechtesten Fall wird die Sendung an die falsche Adresse geschickt und als unzustellbar retourniert. Mit smarten Systemen lässt sich das vermeiden: Sie erkennen fehlerhafte Adressen und triggern eine E-Mail-Benachrichtigung an die Käuferinnen und Käufer. Über ein Self-Service-Portal im Shop können sie die Adresse direkt anpassen. Das spart Zeit für beide Seiten.

2. Proaktive Kommunikation entlang des Versandprozesses
Für die Optimierung der Post-Purchase Experience ist Proaktivität in der Kommunikation ein Grundpfeiler. Nicht umsonst steht die Frage “Wo ist mein Paket?” in vielen Shops ganz oben in den FAQs.

Reibungslose Prozesse lassen Fragezeichen erst gar nicht entstehen. Updates zum Sendungsstatus werden zum Beispiel noch viel zu oft den Paketdiensten überlassen.

Käuferinnen und Käufer möchten über jeden Schritt ihrer Bestellung auf dem Laufenden bleiben. Die durchweg sehr hohen Öffnungsraten von Tracking-E-Mails der Shops selbst belegen das. Open Rates von über 70 Prozent sind unserer Erfahrung nach keine Seltenheit. Daher sollten Online-Shops jeden Schritt der Bestellabwicklung direkt an die Käuferinnen und Käufer übermitteln: Wurde die Bestellung im Lager bearbeitet, dem Versanddienstleister übergeben, ins Zustellfahrzeug geladen, oder wartet sie auf die Abholung aus der Postfiliale?

Die Käufer sind auf diese Weise immer informiert und können besser planen. Das reduziert auch das Risiko passiver Retouren, sollten die Kunden nicht anzutreffen sein.

3. Informationen und Inspirationen jederzeit und On Demand
Die Kommunikation über eigene Tracking-E-Mails hat einen weiteren Vorteil: Shops können sie nach Belieben mit zusätzlichen Informationen und Inspirationen anreichern. Das kann die Empfehlung passender Produkten zur aktuellen Bestellung umfassen, aber auch Dankeschön-Gutscheine.

Nach dem Warenkorb und dem Checkout kommt die Post-Purchase Experience, deren Chancen viele Online-Händler noch nicht nutzen.
© Imago/YAY Images
Nach dem Warenkorb und dem Checkout kommt die Post-Purchase Experience, deren Chancen viele Online-Händler noch nicht nutzen.
Online-Händler können die Sendungsverfolgung aber auch in den Shop selbst holen. Über integrierte Tracking-Pages fragen die Käufer jederzeit und On Demand den Status ihrer Bestellung ab. Service-Anfragen entfallen, und der Shop sichert sich wertvollen Traffic, der empfänglich für Upsells ist. Ob mit personalisierten Empfehlungen oder den aktuellsten Marketing-Aktionen: Eine angereicherte Tracking-Page kann für schnelle Wiederkäufe sorgen.

4. Reibungslose Abwicklung von Retouren
Retouren sind unbeliebt, aber ganz vermeiden wird man sie nie. Die Prozessoptimierung beginnt bei der Anmeldung der Retoure: Für das Retourenlabel müssen sich Käufer oft durch Widerrufsinformationen wühlen oder den Kundenservice kontaktieren. Über ein im Shop integriertes Retourenportal können sie ihre Retoure dagegen einfach selbst aufgeben.

Für noch bessere Prozesse kann der Shop dort direkt einen Umtausch anbieten. Käuferinnen und Käufer wählen die zu retournierenden Artikel aus und können im gleichen Schritt einen neuen Artikel bestellen. So sichern sich Shopbetreiber ansonsten verlorenen Umsatz. Das Retourenlabel wird automatisch generiert, die Kunden geben das Paket bei ihrem bevorzugten Versanddienstleister ab, und die Retoure macht sich auf den Weg.

Der Erstattungsprozess kann ebenfalls optimiert werden. Statt einer manuellen Prüfung und Freigabe geht es mit Automatisierung viel schneller: Der Shop legt Kriterien an – zum Beispiel “einwandfreie Ware ohne Tragespuren”. Entspricht die Retoure den Kriterien, wird die Erstattung automatisch angestoßen. Käufer erhalten ihr Geld schneller zurück, und das Team kann sich anderen wichtigen Aufgaben widmen.
5. Feedback zur richtigen Zeit einholen und wertschätzen
Für eine verbesserte Customer Journey ist das regelmäßige Einholen von Kundenfeedback unerlässlich. Was viele Shops dabei unterschätzen, ist das richtige Timing: Im Worst Case erreicht die Bewertungsanfrage die Käufer noch vor dem Paket. Mit dem Einsatz smarter Softwarelösungen wissen Shops um den genauen Zeitpunkt der Zustellung und können direkt eine Feedback-Anfrage versenden. Das Auspacken ist dann noch im Gedächtnis, die Kunden kommunikativ bestens abgeholt.

Das Einholen von Kundenfeedback über Umfragen ist ebenfalls wichtig: Zum einen fühlen sich Kunndinnen gewertschätzt, zum anderen ermöglichen diese Umfragen auch eine weitere Optimierung des Einkaufs. Denn kennt man die Wünsche seiner Zielgruppe, kann man viel besser darauf eingehen.

Das Potenzial einer herausragenden Post-Purchase Experience
Gerade im aktuellen Marktumfeld wird die Neukundengewinnung immer herausfordernder. Kosten steigen und der Konkurrenzkampf im E-Commerce wird größer. Wer die Post-Purchase Experience als unerläßlichen Teil einer exzellenten Customer Journey begreift, hat gute Chancen, wettbewerbsfähig zu bleiben und seinen Umsatz zu steigern.