Während sich hierzulande die Lebensmittelketten nur vorsichtig dem eher verlust- als margenträchtigen Thema Online-Lebensmittel nähern, richten sich die Augen britischer Händler schon mit Wonnen dem eFood. 

Online-Lebensmittelhandel gilt dort schon beinahe als letzte Wachstumshoffnung.

Alarmierende Bewegungen hat gerade auch die Gesellschaft für Konsumforschung für Deutschland im Consumer Index (pdf) festgehalten. Weniger Shoppingtrips, weniger Spontankäufe, Schnelldreher drehen langsamer.  Das Konsumklima ist zwar weiterhin stabil, aber steigende Arbeitsbelastung lässt weniger Zeit zum Einkaufen.  LEH-Food-Vollsortimentern gelingt es da noch am besten, den Verbrauchern zu halten. Zwar ist im laufenden Jahr der Handel zu Ende August wertmäßig mit zwei Prozent im Plus, dennoch sollte der Trend zu denken geben.

In Großbritannien hat das Nachdenken begonnen und es lässt  vor allem einen Schluss zu: Die Zukunft liegt im Online-Geschäft. Vorzeiger-Händler Tesco, der nach nach zwei Jahrzehnten erstmal mit Gewinnrückgang dasteht, sieht eFood bereits als verbleibende Wachstumshoffnung, berichtet LZ-Kollege Mike Dawson  vom World Retail Congress in London.

"Food shopping online is all the growth we have in our core food business in the UK,” zitiert er Tesco-CEO Philip Clarke.

Man muss sich das ungefähr so vorstellen, als stünde Rewe-Chef Alain Caparros am Eigelstein in Köln und würde voller Stolz verkünden, der Lieferdienst, jüngst um Köln ergänzt, liefe mindestens so erfolgreich wie die besten Filialen der Genossenschaft. Ich bin sicher, das kommt noch.

Kein Wunder also, dass Tesco die Zahl seiner “Dark Stores”, in denen ausschließlich Ware der Online-Besteller kommissioniert wird, massiv ausweitet. Gleichzeitig tritt Tesco bei der Eröffnung neuer Filialen auf die Bremse.

Die Lebensmittelhändler stehen damit womöglich am Beginn einer Entwicklung, die im Modemarkt inzwischen  schon zu einer völligen Verschiebung der Schwerpunkte führt. Online first? Nicht ganz. Aber dicht dran.

"Let’s face it, if we were starting again with a blank sheet of paper, most of us retailers would prefer fewer stores. Ideally, you’d have great flagships, some small outlets in residential areas, and a strong online business.” Das sagt Sir Philip Green, Kopf der Modekette Arcadia Group. Es klingt, als könnten Ladengeschäfte eines Tages in Metropolen zum Marketing-Vehikel "degradiert" werden.

Das muss nicht der Weg sein. Auch eine bessere Verschmelzung  von On- und Offline könnte auf Sicht dem Geschäft  zwischen Betonwänden weiterhelfen.  So stattet Marks & Spencer seine Mitarbeiter mit Tablets aus - zur Beratung oder für die Online-Bestellung zusammen mit dem Kunden, wenn der Artikel nicht vorrätig ist.   Lebensmittelketten experimentieren mit Tablets am Einkaufswagen. Ob das weiterhilft? Unklar. Ebenso unklar, wie sinnvoll auf Dauer die zahllosen Versuche von Tesco mit virtuellen Stores wie am Flughafen in Gatwick sind, an denen man die Ware direkt an einer Wand scannen und bestellen kann. 

Fest steht: Es ist eine Zeit für Experimente. Und deshalb freue ich mich auch besonders auf den 3. Deutscher e-Food Kongress am 24. Oktober im  Dorint Pallas Hotel, Wiesbaden mit vielen spannenden Konzepten, internationalen Ideen, deutschen Lösungen. Wir sehen uns dort.