Die Vision für die Mobilität der Zukunft lautet: automatisiert, vernetzt und emissionsfrei. Nur so können auch die Logistiker dem Druck von Zeit und Liefermengen noch Herr werden. Diese Trends müssen 2018 auf die Straße kommen, wenn die Branche den Ansturm bewältigen will.
Der disruptive Trend macht auch vor der Mobilität nicht Halt. „Die Technik sei bereit“, versichern die Konzernlenker in Stuttgart, München, Ingolstadt und Wolfsburg mit Blick auf das autonom fahrende Auto. Und so sind Chauffeur oder Lkw-Fahrer kaum noch Berufe mit Langzeitperspektive. Die Logistiker warten darauf. Denn angesichts wachsender Nachwuchsprobleme hinter dem Lenker muss die Branche schon zwangsläufig auf autonome Systeme setzen.
Autonomes fahren
Bis zum Roboterauto ist es nicht mehr weit. Lidl testet ab 2018 in Schweden mit dem schwedischen Startup Einride einen führerlosen und vollelektrischen LKW. Doch bis solche Fahrzeuge tatsächlich auch hierzulande mit dem Segen des Gesetzgebers eingesetzt werden können, werden noch einige Staustunden vergehen. Sicher ist aber: Selbstfahrende Fahrzeuge werden zweifellos einen Einfluss darauf haben, wie Menschen und Güter in Zukunft effizienter bewegt werden. Aber wie schnell sie tatsächlich im Verkehrsalltag ankommen, hängt weitgehend von der weiteren Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Regierungen und Öffentlichkeit ab – und das über Ländergrenzen hinweg.
So schlossen unter anderem Ford und der Fahrdienstvermittler Lyft eine Kooperation zum Aufbau eines gemeinsamen Dienstes. Die Partnerschaft hat zum Ziel, selbstfahrende Automobile in Zukunft erschwinglicher zu machen und damit eben rascher in den realen Straßenverkehr zu integrieren.
Als „Convenient Technology“ zur Unterstützung der Zusteller kann autonomes Fahren gerade im städtischen Raum eine wichtige Rolle auf der „letzten Meile“ spielen. Auf längere Sicht sind darüber hinaus neue Zustellkonzepte mit einem hohen Automatisierungsgrad denkbar. Autonome Mini-Transporter, wie sie der Hersteller Starship testet und anbietet, könnten eine ganztägige Zustellung selbst in der Fußgängerzone sicherstellen.
How does Starship robotic delivery work?
Mercedes Benz 2
Mercedes Van Roboter
Einsatz von Drohnen
PR-Gag um Innovationsfähigkeit zu zeigen, oder doch ein Werkzeug in dünn besiedelten Gebieten und ein Weg, um eilige Spezialaufträge abzuwickeln? Die Drohne wird noch lange für Diskussionen sorgen, auch wenn sie jetzt schon ihre Alltagsfähigkeit beweist: Mercedes-Benz Vans, der US-amerikanische Drohnensystementwickler Matternet und der Schweizer Online-Marktplatz siroop haben in Zürich ein Pilotprojekt für effiziente On-Demand-Lieferungen von E-Commerce-Produkten per Transporter und Drohne gestartet. Zum ersten Mal finden damit umfangreiche Drohneneinsätze autonom und ohne Sichtkontakt mit Transportern als Landeplattformen in einem urbanen Umfeld statt, um ein vollautomatisiertes E-Commerce-Drohnensystem zu testen.
Siroop kommt per Drohne
Platooning
Feldversuche und Kooperationen von Herstellern wie MAN und DB Schenker laufen bereits seit geraumer Zeit. Jetzt erprobt Daimler als erster Lkw-Hersteller in den USA den Einsatz von digital gekoppelten Trucks – das sogenannte Platooning – auf öffentlichen Straßen. Beim Truck Platooning erhöhen Konnektivität und automatisiertes Fahren die Sicherheit bei hintereinander fahrenden Lkw, entlasten die Fahrer und verbessern die Kraftstoffeffizienz durch verringerte Fahrzeugabstände. Ab 2018 wird Daimler Trucks North America das digitale Koppeln von Lkw im realen Transportalltag gemeinsam mit großen Flottenkunden testen und will dabei untersuchen, wie sich Platooning-Lösungen auf den Alltagsbetrieb auswirken können, etwa im Hinblick auf Disposition, Frachtsteuerung oder Fahrerschulung. Ein flächendeckender Einsatztermin ist allerdings noch ungewiss: Erst wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind, werden Speditionen ihre Lkw im Platooning-Modus fahren können, der auch von anderen Herstellern wie Volvo, beispielsweise in Ungarn, erprobt wird.
Volvo Platooning
Assistenzsysteme
Bis hochautomatisierte oder gar autonome Fahrzeuge auf den Markt kommen, tüfteln die Entwickler an weiteren Arbeitserleichterungen für das fahrende Personal. Vor allem mittels Sprach- und Gestensteuerung soll die Bedienung vereinfacht und damit die Aufmerksamkeit für den Verkehr erhöht werden. So entwickelt etwa Continental einen neuen Multifunktionsbildschirm: Sobald die Displayoberfläche mit zwei Fingern berührt wird, startet die Interaktion per Touch-Gesten. Zusätzliche Schritte wie das Aktivieren eines Handschriftmodus sind nicht nötig. Der Fahrer kann beispielsweise mit zwei Fingern ein Herzsymbol auf das Eingabedisplay zeichnen, um einen favorisierten Kontakt anzurufen, während mit einem symbolisierten Hausdach die Navigation zur Heimadresse startet. Volkswagen-Tüftler wollen die Bedienschritte vor Fahrtantritt mithilfe der künstlichen Intelligenz gar auf null reduzieren. So braucht es bald keinen Türöffner, keinen Parkbremsschalter, keinen Lichtschalter und keinen Starterknopf mehr – auch Sitzeinstellung, Ambientebeleuchtung und Musik wählt das Gefährt der Zukunft analog dem hinterlegten Fahrerprofil selbstständig aus.
Elektrifizierung
Pünktlich zum Jahr 2020, wenn die Automobilindustrie über die gesamte Flotte den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer einhalten muss, kündigen die großen Konzerne eine „Elektro-Offensive“ an. Für die zumindest lokal emissionsfreien E-Modelle können schließlich sogenannten „Supercredits“ angerechnet werden, die die Gesamtemission auf dem Papier senken und so helfen, Milliardenstrafe zu verhindern. Aber auch drohende Fahrverbote in Innenstädten zwingen zum raschen Ausbau von E-Flotten.
Zu diesem Zeitpunkt startet Volkswagen mit ausgewählten Kunden einen Feldversuch mit dem e-Crafter. Ab Mitte 2018 soll dann, nach aktuellem Stand, die Serienauslieferung beginnen. Ford testet im Rahmen eines Projektes in London einen Transit Custom Plug-in Hybrid (Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor mit Batterie und Ladekabel).
Für den Anschluss an der Steckdose sorgt aktuell aber nicht die schwergewichtige Automobilindustrie sondern die Start-up-Szene. Allen voran die Deutsche-Post-Tochter Streetscooter GmbH. Das aus einem Forschungsprojekt der Universität Aachen hervorgegangene Unternehmen führt die etablierte Szene seit 2014 mit einem kleinen E-Laster vor, der inzwischen beispielsweise schon beim Fischhändler Deutsche See im Einsatz ist. Nun tüfteln die Aachener an einem größeren, batterieelektrisch betriebenen Transporter auf dem Fahrgestell des Ford Transit. Auch für dieses Fahrzeug soll es perspektivisch nicht beim reinen Postdienst bleiben. Neben dem Produktionsstandort in Aachen wird bis Sommer nächsten Jahres eine zweite Fertigungsanlage in Düren entstehen. Dann will die Post jährlich 20.000 Streetscooter produzieren.
Ein weiteres Vorzeigeprojekt hat der Aufbauspezialist Orten aus Bernkastel-Kues initiiert. Ein auf 4,25 Tonnen aufgelasteter Sprinter von Orten Electric-Trucks ist derzeit in Berlin für die PIN Services AG im Einsatz, um Produkte des Luxusherstellers Gucci zu befördern.
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