Ein immer größerer Teil des Onlinehandels findet über mobile Endgeräte statt. Doch Entwurf und Umsetzung einer wirklich kommerziell erfolgreichen Shopping-App sind alles andere als einfach. Veränderungen an einer bereits bestehenden App können treue Kunden sogar vergraulen, wenn sie nicht sorgfältig geplant werden. Gastautor Johannes Dornisch vom Softwareanbieter Intive sagt, wie Händler vorgehen sollten, um mit ihrer App einen echten Mehrwert zu schaffen – für die Kundschaft und das eigene Geschäft.

Die Kauflaune ist durch die hohe Inflation stark zurückgegangen. Für den Einzelhandel ist es jetzt noch wichtiger, auf solide Strategien für die Kundengewinnung und -bindung zurückgreifen zu können. Ein wichtiger Baustein hierfür ist eine nutzerzentrierte Mobile Experience. Aber die Konzipierung und Umsetzung einer wirklich kommerziell erfolgreichen Shopping-App ist alles andere als einfach. Veränderungen könne treue Kunden sogar vergraulen, wenn sie nicht sorgfältig geplant werden.

Dabei ist eine nahtlose Omnichannel-Experience, die Nutzer unabhängig vom Gerät begeistert und mitnimmt, längst ein entscheidender Faktor für den Geschäftserfolg. Der Wandel hin zu Mobile ist noch immer im vollen Gange. Wie also vorgehen, um einen echten Mehrwert zu schaffen – für die Kundschaft und das eigene Geschäft?
"Mobile First" gilt auch für den Onlinehandel. Anwendungen sollten deshalb nicht mehr nur für die mobile Nutzung optimiert, sondern von vornherein dafür entworfen werden.
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"Mobile First" gilt auch für den Onlinehandel. Anwendungen sollten deshalb nicht mehr nur für die mobile Nutzung optimiert, sondern von vornherein dafür entworfen werden.

Schritt 1: Ein kritischer Blick auf das bestehende Kundenerlebnis

Die Apps der ersten Generation halten den Ansprüchen der Konsumenten nicht mehr stand. Das liegt daran, dass sie nicht ausreichend für die mobile Nutzung optimiert sind. Dazu kommt, dass es heute bei Weitem nicht mehr ausreicht, nur rudimentäre Funktionen wie Produktsuche und Warenkorb anzubieten.


Kunden erwarten heute umfangreiche personalisierte Empfehlungen auf Basis bisheriger Einkäufe und Suchen. Die Suche selbst muss umfangreiche Filterfunktionen nach verschiedenen Kriterien (Marken, Farben, Größen) bieten. Darüber hinaus muss der Checkout-Prozess so einfach wie möglich sein und auch flexible Zahlungsoptionen, wie beispielsweise Buy-Now-Pay-Later, bieten.

Update oder neue Version?

Es kann eine schwierige Entscheidung sein, statt auf Updates der bestehenden App auf eine komplett neue Version zu setzen. Der erste Schritt ist eine genaue Durchleuchtung der App unter technischen und UX-Gesichtspunkten: Gibt der Tech-Stack es her, die App modular aus- und umzubauen oder muss modernisiert werden? Wie ist das Nutzererlebnis beispielsweise bei der Suchfunktion?

Auch Nutzerbefragungen oder weitere Methoden, um die Zufriedenheit zu messen, liefern Anhaltspunkte, ob eine vollständig neue App her muss. Bei der Entscheidung spielt neben Kostenabwägungen auch eine Rolle, inwiefern die App mit anderen Systemen wie der Warenwirtschaft und dem CRM integriert werden muss. Ein vollständig nativer Shopping-Funnel wird sich je nach der bestehenden Lösung aber nur durch eine Neuentwicklung umsetzen lassen.

Schritt 2: Möglichkeiten eines effektiven UX-Designs ausschöpfen

Ob Neuentwicklung oder Umgestaltung der bestehenden App: Um das optimale Nutzererlebnis zu gewährleisten, sind bei der Frontend-Entwicklung mehrere Punkte zentral. Die Navigation muss so einfach und intuitiv gestaltet werden, dass Nutzer idealerweise maximal zwei Klicks zum gewünschten Produkt brauchen. Umfangreiche Filteroptionen verbessern die Nutzerfreundlichkeit weiter.

Ein weiterer wichtiger Faktor für das Nutzererlebnis ist die Ladezeit. Wird diese reduziert, führt das zu einer höheren Nutzungsfrequenz und gesteigerten App-Umsätzen. Gerade die für den Kauf besonders wichtigen Seiten, wie z. B. Produktdetailseiten (PDPs), performen deutlich besser, wenn sie nativ eingebunden sind. Zum einen steigert dies die Geschwindigkeit deutlich, zum anderen ergeben sich dadurch mehr technische Möglichkeiten und Darstellungen, zum Beispiel Zoomfunktionen und 360-Grad-Ansichten.

Die Bestellabwicklung sollte durch Speicherung von Zahlungsinformationen, einen schnellen Checkout-Prozess und ein übersichtliches Tracking der Lieferung optimiert werden. Händler sollten zu guter Letzt Push-Benachrichtigungen nutzen, um ihre Kunden über Angebote und Funktionen zu informieren und die Interaktion mit ihnen zu erhöhen.


Beim Onlineshopping ist der Wettbewerb immer nur einen Klick entfernt. Umso wichtig ist es für Händler, auch mobil eine direkte Verbindung zu ihren Kunden zu pflegen.
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Treueprogramme

Wie Mobile First die Bindung stärken kann

Schritt 3: Agiler Entwicklungsprozess

Im Entwicklungsprozess sollte das Nutzererlebnis an erster Stelle stehen, gleichzeitig zählt aber ein effizientes Vorgehen mit kurzer Time-to-Market. Dies erfordert holistisches Product Thinking, also eine kontinuierliche Fokussierung auf den Kundennutzen anstatt einer bloßen Aneinanderreihung von Features.

Wichtige Features und Seiten, z. B. die PDPs und Search Experience, erarbeiten Softwareentwickler Hand in Hand mit UX-Designern und Entscheidungsträgern in einem kollaborativen und iterativen Prozess. Dies verkürzt außerdem die Zeit zwischen Konzipierung und der Veröffentlichung der App signifikant. Für ein hochwertiges und konsistentes Nutzererlebnis und die einheitliche Omnichannel-Erfahrung sollte auf maßgeschneiderte, über die App hinweg einheitliche Designelemente gesetzt werden – ein weiterer Effekt des Product Thinking.

Das mobile Kauferlebnis als Erfolgsfaktor

Die Entwicklung einer App mit fortschrittlichen Shopping-Funktionalitäten ist inzwischen mehr denn je ein geschäftlicher Erfolgsfaktor – aber nur, wenn die User Experience von Anfang an konsequent mitgedacht wird.

Um ein einheitliches Erlebnis zu gewährleisten, sollten Mobile-Anwendungen immer mit den weiteren Unternehmenskanälen in Einklang gebracht werden. Dazu gehört auch eine belastbare Shop-Architektur auf der Website, die flexibel auf veränderliche Einkaufsgewohnheiten reagieren kann. Besonders gut eignet sich hier eine MACH-Architektur. In jedem Fall machen sich Agilität und Modularität bezahlt.

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