Die Handelsbranche wirbt um junge Mitarbeiter. Neue Berufsbilder und die Kombination aus Lehre und Studium sollen helfen, mehr junge Leute für die Branche zu begeistern.
Ganz hoch im Kurs stehen bei jungen Menschen weiterhin die Klassiker Verkäufer, Kaufmann oder Fachwirt im Einzelhandel. Rund eine halbe Million Ausbildungsstellen sind bei der Bundesagentur für Arbeit registriert, davon bietet der Einzelhandel allein mit seinen Klassikern fast 70.000 pro Jahr.

"Auch Berufsberater konnten gar nicht oder nur eingeschränkt arbeiten, weil beispielsweise die Schulen keine Externen mehr reinlassen durften, Messen sind ausgefallen und es war sehr schwer, an die Jugendlichen ranzukommen", berichtet sie und fordert, auch die digitale Berufsorientierung deutlich auszubauen.
Eltern, Lehrer und Unternehmen in der Pflicht
Die Berufswahl wird auf mehreren Bühnen entschieden, allen voran im Elternhaus, in der Schule und durch das Image einer Branche oder eines Unternehmens in der Öffentlichkeit. "Viele Eltern reden zu Hause nicht über ihre Arbeit. Das ist für den Nachwuchs sehr schade, denn es könnte Kinder schon früh für die Arbeits- und Berufswelt sensibilisieren", erläutert Brigitte Scheuerle, bei der IHK Frankfurt Geschäftsführerin für den Bereich Aus- und Weiterbildung.Auch die Schulen könnten sehr viel mehr zur Berufswahl beitragen, indem sie zum Beispiel die Eltern ab der 4.Klasse ausführlich zur Durchlässigkeit der Schulsysteme und der dualen Ausbildung beraten und so die Haupt- und Realschulen stärken.
Scheuerle fordert einen fächerübergreifenden Unterricht, in dem Berufsbilder vermittelt werden und die Schule die Berufswahl begleitet. Mindestens zwei Praktika und der Besuch von Ausbildungsmessen sollten während der Schulzeit Pflicht sein, Lehrer für Berufswahlthemen kontinuierlich weitergebildet und die Projektwochen vor den Ferien genutzt werden.
Azubis als Ausbildungsbotschafter
Die Industrie- und Handelskammern versuchen über Ausbildungsbotschafter einen Zugang zu den Schulen zu bekommen und nehmen dabei lokale Unternehmen ins Boot. Das Programm wird in Deutschland fast flächendeckend angeboten.In zwei halbtägigen Veranstaltungen schult man die Auszubildenden, damit sie ihren Beruf in Schulen präsentieren können. Sie treten dabei nicht für ihr Unternehmen auf, berichten aber natürlich über ihren Arbeitsalltag. Ein wichtiges Ziel ist es auch, für die duale Berufsausbildung zu werben.
"Viele Abiturienten wissen gar nicht, dass man im Einzelhandel so schnell Karriere machen kann. Der Abschluss als Handelswirt oder Fachwirt im E-Commerce ist dem Hochschul-Bachelor gleichgestellt", erklärt Katharina Weinert vom HDE. Die duale Berufsausbildung sei die Basis für die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland, "um die uns die ganze Welt beneidet".
Erfolgsgeschichte E-Commerce-Kaufmann
Weinert arbeitet auf Bundesebene in vielen Gremien zur Weiterentwicklung der beruflichen Bildung mit. Diese ist Sache der Bundesregierung und wird über den Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) gesteuert.Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Nachwuchsförderung ist die Modernisierung der sogenannten Standardberufsbildpositionen, die für alle Ausbildungsberufe Pflicht sind. Erst im August 2021 verkündete das BIBB deren Erweiterung um die beiden Punkte Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie digitalisierte Arbeitswelt. Der HDE und Google haben für Letztere eine Zukunftswerkstatt gegründet, die seit Mai 2022 in die zweite Runde geht.
Dieser Artikel erschien zuerst in Der Handel.