Mit ungewohnter Investitionsbereitschaft, mit Experimentierfreude wappnen sich Rewe, Edeka und Co gegen den Innovationsmotor aus Seattle. Und sie machen Tempo bei der Entwicklung. Aber auch Amazon zeigt neue Ideen für den Onlinehandel mit Frische.
Tempo
Schnelligkeit und Zuverlässigkeit auf den letzten Metern wird eine Kernaufgabe im Geschäft mit Online-Food. Edeka bietet mit seinem Lieferservice Bringmeister inzwischen die taggleiche Lieferung sowie einstündige Zustell-Zeitfenster, egalisiert damit Serviceversprechen von Amazon Prime Now. Die weiteren Aussichten: Noch mehr Tempo: In Seattle testet Amazon für Prime-Kunden an zwei Standorten einen Drive-In-Abholdienst namens „Instant Pickup“. Bei dem Instant-Konzept soll es die online bestellten Snacks und andere Artikel des täglichen Bedarfs innerhalb von einer Viertelstunde an einer Abholbox geben. Möglich macht das ein direkt angedocktes Warenlager für Schnelldreher.

Künstliche Intelligenz
Bei Online-Food kommt es auf jede Minute an. Amazon lässt seinen lokalen Handelspartner nur 15 Minuten für das Picking. Dann wartet schon der Fahrer vor der Tür. Technik wird daher immer wichtiger. Software bei der Routenplanung – im Lager und auf der Straße – ist quasi Standard. Der nächste Schritt: Automatisierte Frischeerkennung. Noch wird die Frischware in der Regel von Produktspezialisten begutachtet, demnächst schaut Künstliche Intelligenz, wie man sie von der Gesichtserkennung kennt, auf die Qualität von Salat und Erdbeeren. Damit an den Online-Kunden garantiert nur beste Ware geht.

Pricing
Bremsklotz bei Online-Bestellungen sind die Versandkosten. Der Lieferpass als Prime-Konzept-Sahnehäubchen hat bei der Rewe-Tochter Billa in Österreich offenbar gut funktioniert. Bei Billa können Kunden für einen monatlichen Festpreis ohne weitere Liefergebühr so oft online bestellen, wie sie wollen. Die Liefer-Flatrate bietet Rewe nun auch hierzulande an. Angeboten werden je nach Präferenzen zwei Modelle. Los geht es mit einer Flatrate von 6,99 Euro im Monat.
Bequemlichkeit
Gegessen wird immer. Gekocht immer seltener. Also versuchen Händler wie Kaufland oder die Schweizer Migros dem Kunden die lästige Mühe abzunehmen und testen neuerdings Kochboxen mit vorportionierten Zutaten. Kochzauber (Kaufland) oder Migusto (Migros) versprechen zudem lukrativ kalkulierbare Margen. Bequemlichkeit ist dem Kunden nämlich einiges wert. Auch Preise lassen sich bei den rezeptfertigen Kochboxen eher schlecht vergleichen. Amazon bietet übrigens dank einer Kooperation mit Kochhaus, einem stationär geprägten Pionier der No-Brainer-Küche, ebenfalls Bequemlichkeit aus der Tüte.
Auch bei Abholboxen geht es um ein Stück Bequemlichkeit - gepaart mit Flexibilität. Die Händler experimentieren mit unterschiedlichsten Standort-Modellen. Erproben Bahnhöfe, Tankstellen, Parkplätze in Ladennähe. Die bisherigen Ergebnisse fallen höchst unterschiedlich aus. Auf dem Ingolstädter Werksgelände von Audi hat Edeka Südbaybern öffentlich zugängliche Abholboxen aufgestellt.

Allianzen
Während die großen Lebensmittelketten auf ihre eigene Stärke bauen, kann Amazon eigentlich in Sache Frische so gar nichts richtig allein. Deshalb arbeitet der Online-Riese bei Amazon Fresh, aber auch bei Amazon Prime Now, mit kleinen lokalen Lebensmittelhändlern und Feinkostläden zusammenzuarbeiten. Jüngster Fang: Der LEH-Regionalfürst Feneberg.

Auch hier geht es letztlich einmal mehr um Bequemlichkeit. Wäre ja auch Quatsch, für die Demeter-Butter aus dem Bioladen extra nochmal den SUV aus der Garage zu holen.
