Plattformstrategien sind das Konzept der Stunde. "Marktplatz werden" lautet die Losung. Inzwischen treten sogar die stationären Händler an. Was davon zu halten ist, bewertet etailment-Experte Marcel Brindöpke, Geschäftsführer des Plattform-Providers heyconnect.

 
Wir schreiben das Jahr 2018: Bei uns im Plattform-Team ist es ruhig. Ein paar Auslandskanäle deutscher Portale hier, ein paar kleinere Neukonzepte dort – mehr neue Plattformen haben wir nicht angeschlossen.
2019: Das Bild ändert sich. Douglas, Görtz, P&C, Breuninger … Dazu kommen bereits länger bestehende Player wie SportScheck oder neu aufgesetzte wie GaleriaKarstadtKaufhof.

Ist es Zufall, dass auf einmal viele aus dem Stationärhandel bekannte Konzepte selbst zur Plattform werden?

Und was sagt das über die deutsche Plattformlandschaft?

Die drei Phasen

Wirft man einen Blick zurück, so lässt sich das Entstehen der Plattformökonomie in mehrere Phasen einteilen:
eBay und Amazon bilden die erste Welle. US-amerikanische Pioniere der ersten Stunde, die offene Marktplätze auch in Deutschland salonfähig machten und auf einfachere Warengruppen setzten. Mitte der Nuller-Jahre folgten die Versandhäuser OTTO & Co (Co gibt es in Form von Quelle und Neckermann nicht mehr), die sich insbesondere im Modehandel aufstellten. Auch Klingel ist so positioniert. In der dritten Welle folgten die Pure Plays wie Zalando, About You oder MyToys, die ebenfalls einen starken Modefokus haben. Andere – wie z.B. Wayfair im Möbelumfeld – greifen andere Categories auf.
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Da es naturgemäß wenig Marktteilnehmer am Ende geben wird, ist der Eintritt der Stationären durchaus als die letzte Welle zu bezeichnen. Und es ist spannend zu sehen, wer es wirklich schafft, erfolgreich zu sein. Immerhin funktionieren Plattformen nur dann, wenn man seinen reichhaltigen Traffic durch eine schlaue Sortimentsausweitung besser monetarisieren und in der Folge auch steigern kann. Wer also heute zu wenig Traffic hat, wird es künftig schwer haben.

Sinnvolle Ergänzung statt neuem Einhorn

Dennoch ist davon auszugehen, dass sich die oben genannten etwas ausgedacht haben, um erfolgreich zu sein. Görtz wird sicher kein zweites Zalando und Breuninger kein zweites About You. Dennoch kann die Öffnung des eigenen Geschäftsmodells zugunsten des Direktverkaufs durch Marken eine sinnvolle Ergänzung sein.

"Die Öffnung des eigenen Geschäftsmodells zugunsten des Direktverkaufs durch Marken kann eine sinnvolle Ergänzung sein."

Denn es ist zu erkennen, dass die Kuratierung des Angebotes auf den neuen Plattformen deutlich stärker ist. Das heißt, die Anbieter gucken penibler darauf, was welcher Partner anbieten darf. Auch haben stationär geprägte Player die Omnichannel-Brille auf und müssen ihre Prozesse so gestalten, dass die Partner beispielsweise auch in eine Filiale liefern können.

Fazit

In der letzten Welle ergeben sich durchaus spannende Konzepte, die das Thema neu denken und auch ihre Nische zu finden versuchen. Ob dies gelingt, ist aber offen. Denn das Invest in die Technologie ist nicht ohne und die Partnerakquise kein Selbstläufer.
Inzwischen sind viele Partner auf den Plattformen aktiv, und neue Player müssen die Frage beantworten, ob sie den On-Top-Aufwand – die sechste oder siebte Plattform zu sein – wert sind.

Weitere Plattformen werden aus alten Handelsmodellen hoffentlich nicht entstehen, da es hierfür keinen strategischen Platz mehr gibt.
Einzig neue Sortimentskonzepte könnten mit neuen Plattformen noch reüssieren, wie es wayfair im Möbelbereich getan hat.

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