
etailment freut sich deshalb umso mehr, ihn als sporadischen Gastautor präsentieren zu können.
In seinem ersten Gastbeitrag beschäftigt er sich zusammen mit Co-Autorin Dr. Nadia Abou Nabout mit profitablem Brand Bidding im Suchmaschinenmarketing:
1. Suchmaschinenmarketing
Im Jahr 2010 wurden für das Suchmaschinenmarketing in Deutschland über 1,86 Mrd. Euro und somit rund 50% der Online-Werbebudgets ausgegeben. Suchmaschinenmarketing ist dabei vor allem deswegen attraktiv, da ein werbendes Unternehmen Konsumenten erreichen kann, die nach Informationen zu einem bestimmten Produkt suchen und damit Kaufinteresse signalisieren.
Werbetreibende kaufen dabei Anzeigenplätze in der Anzeigenliste (auch "bezahlte Suchergebnisse" in Abbildung 1) oberhalb und oft auch rechts neben und unterhalb den eigentlichen Suchergebnissen (auch "organische Suchergebnisse" in Abbildung 1). Klickt nun ein potenzieller Kunde auf die Textanzeige des werbenden Unternehmens, so wird er auf eine sogenannte Landing Page, vielfach die Webseite des werbenden Unternehmens, weitergeleitet, wo er sich über das mit dem Suchbegriff verbundene Produkt informieren und es erwerben kann.

Im Gegensatz zu traditioneller Werbung erfolgt im Suchmaschinenmarketing die Bepreisung für Werbung nicht über den in der Offline-Werbung gängigen Tausender-Kontakt-Preis, sondern pro Klick. Der Preis pro Klick und auch der Rang der Textanzeige in der Anzeigenliste werden durch die so genannte Keyword-Auktion bestimmt. Werbende Unternehmen geben Gebote über den Preis pro Klick ab, den sie maximal zu zahlen bereit sind. Allerdings wird nur der Preis berechnet, welcher für das Überbieten des Wettbewerbers auf dem nächst niedrigeren Rang um einen Cent notwendig ist.
2. Brand Bidding
Derzeit weist die Finanzdienstleistungsbranche nach einer Studie von Abou Nabout, Skiera & Lilienthal (2012) in Deutschland mit durchschnittlich 5,37€ für populäre Suchbegriffe und Anzeigenplätze die höchsten Preise pro Klick aller Branchen auf. Allerdings gibt es auch in der Finanzdienstleistungsbranche deutlich günstigere Suchbegriffe. Mit Preisen pro Klick von weit unter 1€ fallen hierunter insbesondere die eigenen Markennamen von Unternehmen (z.B. „Deutsche Bank“, „comdirect“, „ING Diba“), auch Branded Keywords genannt. Grund hierfür ist die relativ geringe Konkurrenz um Branded Keywords, da häufig nur der Markeninhaber selbst auf seinen Markennamen bietet. Zudem besitzt der Markeninhaber in aller Regel einen sehr hohen Qualitätsfaktor für den eignen Markennamen. Beides führt dazu, dass Branded Keywords als sehr günstig gelten, so dass das so genannte Brand Bidding von zahlreichen Unternehmen betrieben wird (siehe Abbildung 1 am Beispiel von American Express).
Gleichzeitig handelt es sich bei Branded Keywords um Suchbegriffe, die von potentiellen Kunden erst gegen Ende des Kaufentscheidungsprozesses gesucht werden. Dies führt dazu, dass die Performance von Branded Keywords in der Regel überdurchschnittlich hoch ist. Eine Studie von Abou Nabout & Skiera (2012) zeigt, dass Branded Keywords in einigen Kampagnen sogar weit über 80% der Umsätze generieren, aber für weniger als 20% der Suchmaschinenmarketing-Kosten verantwortlich sind.
Da ist es doch verwunderlich, dass nur 40% von Interbrand’s Best Global Brands tatsächlich Brand Bidding betreiben. Ein wichtiger Grund, warum einige Unternehmen Abstand von Brand Bidding nehmen, ist dabei wohl, dass der Markeninhaber für den eigenen Markennamen ohnehin schon in einer Top Platzierung in den organischen Suchergebnissen erscheint (siehe Abbildung 1). Während Klicks auf die organischen Ergebnisse kostenlos sind, entfallen auf Klicks in den bezahlten Suchergebnissen jedoch Kosten. So befürchten einige Unternehmen, dass durch Brand Bidding lediglich eine Kannibalisierung eigentlich kostenloser Klicks stattfinden könnte.
3. Profitabilität
Aus den oben genannten Gründen ist es besonders wichtig, die Profitabilität von Brand Bidding in Feldexperimenten korrekt zu messen. Hierzu schlagen Abou Nabout & Skiera (2012) folgenden experimentalen Aufbau vor: Für einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen soll kein Brand Bidding betrieben und die durch die organischen Suchergebnisse erzeugten Klicks und Konversionen gemessen werden. Anschließend wird für einen gleich langen Zeitraum Brand Bidding durchgeführt, wobei die durch organische UND bezahlte Suchergebnisse erzeugten Klicks und Konversionen gemessen wird (siehe Tabelle 1).

In Tabelle 1 sind beispielhaft zwei potenzielle Fälle von Kannibalisierung aufgeführt. In beiden Fällen, steigt die Gesamtzahl an Klicks von 100 auf 110 und die Gesamtzahl an Konversionen von 4 auf 6. Allerdings teilt sich die Anzahl an Klicks und Konversionen in der Treatment Gruppe unterschiedlich auf organische und bezahlte Suchergebnisse auf. Im ersten Fall sinkt die Zahl an organischen Klicks von 100 auf 80 und 30 Klicks entfallen auf die bezahlten Suchergebnisse. Dies würde bedeuten, dass 20 Klicks von den bezahlten Suchergebnissen aufgrund des Brand Bidding kannibalisiert wurden. Im zweiten Fall ist diese Zahl sogar noch höher. Die Anzahl an organischen Klicks sinkt dramatisch von 100 auf 30 und auf die bezahlten Suchergebnisse entfallen 80 Klicks. Damit wurden 70 Klicks durch die bezahlten Suchergebnisse kannibalisiert. Ohne das Feldexperiment sind solche Effekte jedoch nicht festzustellen.
Problematisch ist nun, dass im ersten Fall Brand Bidding profitabel ist (zusätzlicher oder inkrementeller Profit durch Brand Bidding von 55€), im zweiten Fall aufgrund der enormen Kannibalisierungseffekte jedoch nicht mehr (Verlust durch Brand Bidding von 20€).
4. Korrekte Erfassung der Kosten
Dies ist allerdings noch nicht alles: Im Suchmaschinenmarketing werden in der Regel zwei Kennzahlen zur Kampagnenoptimierung und -bewertung herangezogen. Zum einen der bereits erwähnte Preis pro Klick(auch CPC = cost per click), welcher sich aus der Division der Kosten für Suchmaschinenmarketing durch die Anzahl an Klicks ergibt und der sog. CPO (= cost per order), welcher der Division der Kosten für Suchmaschinenmarketing durch die Anzahl an Konversionen entspricht. Beide Kennzahlen sind im Falle von Brand Bidding jedoch leider unbrauchbar. Sie enthalten auch alle kannibalisierten Klicks und Konversionen, welche ohne Brand Bidding kostenlos für das Unternehmen gewesen wären. Aus diesem Grund schlagen Abou Nabout & Skiera (2012) zwei neue Kennzahlen zur korrekten Erfassung der Kosten von Brand Bidding vor:
- Cost per incremental click (CPIC) = Suchmaschinenmarketing-Kosten (in €) / Anzahl an inkrementellen Klicks
- Cost per incremental order (CPIO): CPIC) = Suchmaschinenmarketing-Kosten (in €) / Anzahl an inkrementellen Konversionen
Tabelle 2 führt das Zahlenbeispiel aus Tabelle 1 fort und zeigt, dass die Verwendung der falschen Kennzahlen (CPC oder CPO) zur Unterschätzung der tatsächlichen Kosten (CPIC oder CPIO) von Brand Bidding führen kann.

5. Fazit
Zusammenfassend zeigt sich, dass Brand Bidding aufgrund der niedrigen Kosten und guten Performance von Branded Keywords auf den ersten Blick relativ profitabel scheint. Aufgrund möglicher Kannibalisierungseffekte jedoch sollten Unternehmen vorsichtig mit zu schnellen Schlüssen sein, da die Profitabilität von Branded Keywords schnell überschätzt wird und die durch sie hervorgerufenen Kosten leicht unterschätzt werden. Zu empfehlen ist daher die Durchführung von Feldexperimenten, welche exakt aufdecken können, wie profitabel Brand Bidding tatsächlich ist.
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6. Literatur
Abou Nabout, N., & Skiera, B. (2012). Brand bidding in paid search: Just cannibalizing or increasing profit? Frankfurt am Main: Goethe University Frankfurt.
Abou Nabout, N., Skiera, B., & Lilienthal, M. (2012). Decomposing the effect of increases in search advertising expenditures on prices per click and number of clicks. Frankfurt am Main: Goethe University Frankfurt.
Über die Autoren

Prof. Dr. Bernd Skiera ist Inhaber der Professur für Electronic Commerce an der Goethe-Universität.
Die Forschungsschwerpunkte der beiden sind Online-Marketing, insbesondere Suchmaschinenmarketing, Social Media und Electronic Commerce.

Gemeinsam standen sie Ende letzten Jahres in Washington D.C. im Finale des "Gary L. Lilien ISMS-MSI Practice Prize", dem weltweiten Wettbewerb um die beste wissenschaftliche Lösung eines Unternehmensproblems. Ein Video von Ihrer Präsentation ist online verfügbar: http://techtv.mit.edu/videos/18315-prosad.