Voice-Lösungen, Spracheeingabe, die digitalen Assistenten von Amazon Echo bis Google Home könnten die Handelswelt schneller verändern, als gedacht.
Zum Beispiel elektronische Regalettiketten. Hand aufs Herz - braucht die Handel oder der Kunde?
Anders Spracheingabe. Das wäre ja mal so richtig praktisch. Einfach mal im Baumarkt ins Regal rufen "Und wo sind die verdammten Dübel?" oder daheim sagen "OK Google, Heidi und Paul, 2 x Cheeseburger".
Inzwischen glaube ich, dass der Einsatz von Sprache schneller zu einem Wandel führen wird, als ich das noch vor wenigen Monaten für möglich hielt. Sascha Lobo, hochgeschätzter Digital-Erklärer, schreibt in SpOn nämlich zu Recht: „Die Weltmacht Bequemlichkeit schlägt alles, sogar deutsche Bedenken.“
Digitale Assistenten als Butler für die eigene Bequemlichkeit
Denn die Bequemlichkeit ist – neben dem Preis - das wichtigste Gut im Handel. Und in Sachen Bequemlichkeit bieten die digitalen Butler eine neue Evolutionsstufe, solange man sich keinen aus Fleisch und Blut leisten kann. Die Nutzungsituationen von Lobo klinger daher gar nicht so ausgedacht:"Alexa, ich möchte die Schuhe noch mal, die ich im letzten Herbst gekauft habe. Aber in Rot", daran arbeitet Amazon.(...)"Es gibt rote Schuhe von Nike, gerade runtergesetzt. Ich schicke sie dir in deiner Größe zu, wenn sie dir nicht gefallen, werden sie kostenlos abgeholt."
Wer seinen Kunden also Bequemlichkeit bieten will, wer Customer Centricity ernst ist, kommt um die Sprach-Helfer nicht herum.
Das Momentum der blechernen Plaudertaschen nimmt gerade exponentiell zu. Dazu trägt natürlich ein geschickt lancierter Hype bei. Ebenso Preis-Dumping, mit dem Amazon seinen Echo zum meistverkauften Gadget im Weihnachtsgeschäft katapultiert. Google Home folgt zunehmend eilig hinterher.
Auch Otto und Telekom haben wegen eines Alexa-Rivalen die Köpfe zusammengesteckt. Die Deutsche Telekom will im ersten Halbjahr mit einem eigenen Modell, entwickelt mit Forschern des Fraunhofer Instituts für Digitale Medientechnologie, in das Geschäft einsteigen. Damit ist der Massenmarkt in Deutschland dann bereit. Auch Rewe und Lidl sollen an dem Magenta-Assistenten interessiert sein.
Facebook tüftelt an einem eigenen Sprachassistenten
Und jetzt frickelt auch noch Facebook an einem eigenen Sprachassistenten. „Portal“ wird zwar nicht die Shooppingwelt verändern, aber die Gewöhnung an Digitale Assistenten beschleunigen, die gegenwärtig häufig schon wie ein weiteres Familienmitglied behandelt werden.Amazon Alexa Moments: Petlexa
Das wird sich noch weiter ändern. Denn den Onlineriesen ist daran gelegen, mehr und mehr Sprach-Butler in die Haushalte zu bekommen. Die binden schließlich an das eigene Ökosystem, legen sich wie eine immer hilfsbereite Schicht über unsere Alltag und erleichtern den Einkauf. Warum dem vergesslichen Ehemann sagen, er solle nach dem Golftraining noch Katzenstreu mitbringen, wenn das Alexa viel zuverlässiger erledigt. Nicht nur dort machen sich die Sprachassistenten breit. Auch im Auto werden Alexa und Co immer öfter verbaut.
Vergessen wir daher auch nicht: Wer sich heute bei der Spracheingabe - privat oder in der Öffentlichkeit - noch blöd vorkommt, wir das alsbald nicht mehr tun, weil es ein sozialer Standard ist.
In einer heute erschienenen Studie prophezeit die Unternehmensberatung Capgemini (pdf), dass vernetze Lautsprecher das Konsum- und Nutzungsverhalten weltweit drastisch verändern werden. Zudem entwickeln Verbraucher eine starke Präferenz für die Interaktion mit Unternehmen über Sprachassistenten – ob sie nun als Dose im Haushalt stehen oder als App im Smartphone verbaut sind.
Studie Sprachassistenten: Sechs mal mehr Umsatz in den nächsten drei Jahren
Die Studie ergab, dass weltweit rund ein Viertel (24 Prozent) der Befragten lieber einen Sprachassistenten als eine Website nutzen würde – in Deutschland ist es immerhin noch jeder Sechste (15 Prozent). In den nächsten drei Jahren wird dieser Anteil auf 27 Prozent (weltweit 40 Prozent) steigen. Knapp jeder Fünfte (18 Prozent) gibt an, dass er lieber den Sprachassistenten konsultiert, als in den Laden oder die Bankfiliale zu gehen – jeder zehnte Deutsche handhabt das bereits heute schon so (10 Prozent).