Mitarbeiter im Außendienst, ob Auslieferer oder Einkäufer, sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Sie arbeiten oft unter Termindruck und sind ständig im Straßenverkehr unterwegs. Dies erhöht das Unfallrisiko, besondere Vorsorge ist wichtig.
In Köln ist kürzlich ein Rewe-Auslieferungsfahrer mit seinem Lastenrad von der Bahn erfasst worden, in Leipzig raste ein Amazon-Sprinter in den Wagen seines Kollegen, im Allgäu überrollte ein Lieferfahrer – ohne gültigen Führerschein – einen Mann gleich zweimal. In Stralsund wurde ein Paketbote in den Schritt gebissen, in der Eifel ein Postbote in den Hintern.
Die Liste der Arbeitsunfälle unterwegs ließe sich lange fortsetzen. Meist sind es sogenannte SRS-Unfälle (Stolpern, Rutschen, Stürzen). Sie enden oft – aber leider nicht immer – vergleichsweise harmlos, etwa mit einem verstauchten Knöchel oder äußeren Blessuren.
Ein weiteres typisches Risiko ist falsches Heben oder Tragen – mit Rückenproblemen als Folge. Größtes Risiko im Außendienst dürfte aber der Straßenverkehr sein. Dieser trage „stark zur gesamten Unfallbelastung bei“, heißt es von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Generell haben jüngere Mitarbeiter unter 25 Jahren laut DGUV-Statistik ein etwa doppelt so hohes Unfallrisiko wie Ältere. Ihnen fehlt es an Erfahrung, und sie sind oft risikofreudiger.
Gefährdungsbeurteilung erstellen
Da Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet sind, ihre Mitarbeiter vor Gefahren zu schützen, etwa nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), müssen sie aktiv werden. Eine vorgeschriebene Maßnahme sind etwa „Gefährdungsbeurteilungen“ für einzelne Tätigkeiten und Arbeitsstätten. Die Berufsgenossenschaften, für den Handel etwa die BGHW (Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik), geben hierzu Leitfäden mit vielerlei Ansatzpunkten heraus. Zu finden sind sie auf der Website unter bghw.de.Zum Thema Verkehr etwa sollten Arbeitgeber demnach Arbeitszeiten und Ruhepausen regeln (maximal zehn Stunden inklusive Autofahrt), wann Übernachtungen einzuplanen sind oder wie man sich bei Unfall, Erkrankung oder schlechter Witterung (z. B. Sturm oder Eisglätte) zu verhalten hat. Das Problem: Außendienstler handeln meist autark, sind schwer kontrollierbar. Zudem sollten Fahrzeuge hohe Sicherheitsstandards aufweisen und gut gewartet sein, Führerscheine und gesundheitliche Voraussetzungen regelmäßig überprüft werden.
Auch für den Lastentransport gibt es Vorgaben, etwa zu Transporthilfen, ergonomischer Gestaltung oder Verhaltensregeln (z. B. von Hand zu tragende Packstücke max. 10 kg). Und natürlich für technische Hilfsmittel, ob Freisprecheinrichtung oder Rückfahrkamera.
Unfälle stets dokumentieren
Wenn etwas passiert, ist zunächst die Berufsgenossenschaft (BG) zuständig, bei der Unfälle zügig zu melden sind. Da die Mitgliedschaft für Arbeitgeber Pflicht ist, sind Mitarbeiter hier automatisch versichert. Die Leistungen sind recht umfassend, von der Behandlung über Physio, Reha, Hilfsmittel bis hin zu Verletztengeld und Unfallrente. Ab 20 Prozent Erwerbsminderung für mindestens sechs Monate gibt es Leistungen.Allerdings prüft die BG oft sehr genau. Daher sollten auch leichtere Unfälle stets dokumentiert werden, für den Fall späterer Nachwirkungen. Bei schweren Unfällen wird die Gefährdungsbeurteilung gerne zur Klärung herangezogen – gut, wenn diese sauber dokumentiert ist. Nicht selten gibt es Diskussionen darüber, was nach den Kriterien der BG als Arbeitsunfall zählt. Davon zeugen etliche Gerichtsverfahren. Wer zum Beispiel auf dem Arbeitsweg noch einen Abstecher zum Einkaufen macht, ist nicht versichert. Auch der Sturz in der Hoteldusche oder auf der Firmentoilette gilt als „private Verrichtung“. Ergänzend könnten Mitarbeiter daher auch über eine private Unfallversicherung abgesichert werden, etwa über eine Gruppenunfallversicherung für den Außendienst. Wobei hier die Tarife stark nach individuellem Risiko differenziert werden.
Für Mitarbeiter käme auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung in Betracht. Doch mögliche höhere Gesundheitsrisiken für Außendienstler könnten es erschweren, eine gute Police zu einem bezahlbaren Preis zu finden, heißt es etwa von Signal Iduna. Daher sollte man auch bezahlbare Alternativen wie die Grundfähigkeitsversicherung prüfen, so die Empfehlung. Diese zahlt eine monatliche Rente bei Verlust bestimmter Grundfähigkeiten wie Sprechen, Hören, Greifen oder Stehen. Die Versicherung leiste beispielsweise, wenn eine Verkäuferin nicht mehr stehen oder ein Einzelhandelskaufmann seine rechte Hand nicht mehr einsetzen könne.
Doch bei aller Absicherung ist es natürlich stets besser, wenn erst gar nichts passiert. Daher sollten Arbeitgeber bestmöglich Vorsorge für ihre Mitarbeiter treffen und typische Gefährdungspotenziale wie Übermüdung oder Fehlhandlungen aufgrund von Zeitdruck so gut es geht vermeiden.
Dieser Artikel erschien zuerst in Der Handel.