Verzahnung aller Kanäle, online, offline - das will auch Hornbach schaffen. Richtig so. Doch dazu gehört auch eine reibungslose Zustellung, und die kann schnell empfindlich gestört werden durch Banalitäten. Aber auch durch nicht stimmige Prozesse, die der Kunde nicht versteht. Und die ihm auch egal sind.

Ein Satz wie eine Regierungserklärung: "Unser Ziel ist es, dass stationärer Handel und Onlinehandel nahtlos ineinandergreifen und unsere Kunden zwischen den Kanälen wechseln können, wie es ihnen am besten passt. Nur so können wir unseren Kunden den größten Nutzen bieten." 

Gesagt hat diesen Satz Albrecht Hornbach, Chef der gleichnamigen Baumarktkette mit Sitz Bornheim in der Pfalz. Er hatte in einem Interview mit Etailment viele korrekte Sätze gesagt, wie sein ur-stationäres Unternehmen im Multichannel-Zeitalter bestehen soll. Wobei Hornbach nicht von Multichannel spricht, sondern von einer quasi höherwertigen Evolutionsstufe, nämlich dem Interconnected Retail, wie er es formuliert. "Wir denken nicht in Kanälen. Alles muss miteinander verzahnt sein, das ist unser Ansatz." 

Hornbach bietet das beste Produkt

Nun ja, egal, wie man es nennt, Omnichannel, Multichannel, Interconnected Retail - gemeint wird letztlich immer dasselbe: Die große Verschmelzung. Die ein oder andere Begriffsgirlande gehört halt irgendwie dazu. Doch je höher der Anspruch ist, desto mehr muss er sich an der Wirklichkeit messen lassen. Wie kompliziert der Alltag in einem Baumarkt aber sein kann, beweist die Zuschrift einer Leserin aus Darmstadt, deren Namen wir kennen, und das muss reichen. 
Steffen Gerth, Redakteur bei Der Handel und Etailment
© etailment
Steffen Gerth, Redakteur bei Der Handel und Etailment
Die Frau ist studiert, hat mehr als zwei Jahrzehnte in einem Premium-Möbelgeschäft als Beraterin gearbeitet, kann also mit den Begriffen Service, Dienstleistung und Kundenzentrierung etwas anfangen. Zufällig ist sie auf besagtes Interview mit Albrecht Hornbach gestoßen und hat seine Aussagen mit ihrem jüngsten Einkaufserlebnis abgeglichen. Die Verzahnung beschreibt sie als etwas kariös.

Ein neuer Kühlschrank sollte her, also wurde die heute übliche Online-Recherche gestartet, und Hornbach bot das perfekte Modell: guter Preis, gute Optik, optimale Größe für den Platz in der Küche.

Einmann, Zweimann, Bordstein oder Küche?

Doch aus einer Online-Bestellung bei Hornbach wurde es nichts. Ein Mitarbeiter im 
Onlineshop habe unserer Leserin gesagt, dass eine Zweimann-Anlieferung bei Bestellung im Onlineshop nicht möglich sei, ebenso keine Lieferung zum Aufstellort. Nur Einmann und bis Bordsteinkante. Bei einer Bestellung in der Filiale sei das aber anders: Zweimannzustellung bis zum Aufstellort würde gehen. "Also bin ich in die Darmstädter Filiale und habe das Gerät dort bestellt." Das bestellte Paket: Zweimannzustellung zum Aufstellort (Küche in der Dachgeschosswohnung) sowie Altgerätentsorgung - für den Preis von 39 Euro. 
Die Katze hat sich überzeugt: Der Hornbach-Kühlschrank steht am rechten Fleck.
© etailment
Die Katze hat sich überzeugt: Der Hornbach-Kühlschrank steht am rechten Fleck.
Was dann passierte, dokumentiert am besten das Schreiben, das die Kunden an die Darmstädter Hornbach-Filiale schickte:

"Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, am 20.07.2019 habe ich bei Ihnen im Markt eine Gorenje Kühlschrank gekauft, nachdem ich mich im online-shop und im Markt telefonisch über die Lieferungsmöglichkeiten informiert habe. Da ich selbst nicht die Möglichkeit habe, habe ich eine Lieferung in die Wohnung und Mitnahme des Altgerätes für 39 Euro gewählt. Diese Möglichkeit der Lieferung wurde mir von allen Seiten bestätigt. Leider mußte die Lieferung um eine Woche verschoben werden, was für mich kein Problem darstellte. Die Lieferung selbst wurde allerdings problematisch, als der Fahrer doch alleine kam und mir den Kühlschrank auf die Straße stellen wollte. Nur aufgrund meiner Hartnäckigkeit, war er bereit bei seiner Spedition anzurufen und die Möglichkeiten zu besprechen. Zum Glück war mein Nachbar, der grade vorbei kam, bereit zu helfen. Nach längeren Diskussionen haben der Fahrer und mein Nachbar den Kühlschrank in meine Wohnung getragen, wobei sich mein Nachbar am Fußzeh verletzt hat. Außerdem nötigte mich der Fahrer die Rechnung plus 39 Euro, die ich für die Lieferung mit zwei Personen zu zahlen hatte, zu begleichen, obwohl keine zwei Personen da waren und mir im Markt eine Zahlung per Rechnung zugesagt wurde. Da ich mich äußerst unter Druck gesetzt gefühlt habe, habe ich die Rechnung gleich und in voller Höhe bei dem Fahrer beglichen. Im Anschluß rief ich im Markt an, um die Angelegenheit zu besprechen und um meine 39 Euro zurück zu fordern. Die Mitarbeiterin am Telefon meinte alles wäre doch ok. und immerhin wäre der Kühlschrank nun in meiner Wohnung und wenn ich was zu meckern hätte soll ich mich doch an die Spedition wenden. Ein Ausmaß von Unfreundlichkeit und Kundenfeindlichkeit was mir hier noch im Anschluß entgegen gebracht wurde. Wieder mußte ich mit ausgesprochener Hartnäckigkeit der Mitarbeiterin klar machen, dass ich Ihre Kundin bin und nicht die der Spedition und dass sie sich meinem Problem doch bitte annehmen soll. Man versprach mir der Sache nachzugehen und sich bei mir zu melden. Bis heute habe ich nichts gehört und wurde von niemandem dbzgl. kontaktiert. Alles in Allem ein äußerst unangenehmer Einkauf bei Ihnen, der mir jeden Tag beim öffnen meines neuen Kühlschranks wieder in Erinnerung kommt. Der Baumarkt Hornbach in Darmstadt war für mich privat wie beruflich immer die erste Anlaufstelle gewesen. Dies ist jetzt mit großer Sicherheit nicht mehr der Fall. Auf eine Rückmeldung und Stellungnahme von Ihnen würde ich mich trotzdem sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen..." 

Wir warten auf Antwort

Als diese Mail an die Filiale kam - keine Antwort. Vorangegangen war ein Anruf in der Filiale, den die Kundin als, nun ja, wenig zielführend beschreibt. Die entsprechende Frau am Telefon sei patzig gewesen und habe alles auf die Spedition geschoben. "Aber ich habe bei Hornbach bestellt, also sind Sie mein Ansprechpartner", erinnerte die Kundin am Telefon an das Einmaleins des Onlinehandels:

Der Lieferant ist Botschafter des Händlers.

Als Etailment Hornbach mit dieser Unwucht bei Anspruch und Wirklichkeit konfrontiert, klappt das Beschwerdemanagement allerdings vorzüglich. Die Klärung des Sachverhalts wird zum Eilprojekt gemacht. Als Zeichen für grundsätzliche Probleme bei der Verschmelzung aller Kaufkanäle will man diese Panne jedoch nicht verstanden wissen. "Hier haben sich schlicht einige Fehler auf unserer Seite bei der Bestellung im Markt summiert", heißt es selbstkritisch und ehrlich: 1. Die Erstinformation, die die Kundin erhalten hatte, ist korrekt: Über eine Onlinebestellung kann keine Zwei-Mann-Lieferung an den Aufstellort in Auftrag gegeben werden. Bei einer Bestellung im Markt ist diese Möglichkeit an den allermeisten Standorten gegeben. Die Gründe dafür liegen in der unterschiedlichen Logistik / Lieferkette und den jeweils beauftragten Speditionen. Bei einer Onlinebestellung wird die Ware aus einem Fulfillmentcenter oder auch direkt aus dem Lager des Lieferanten zugestellt – oftmals zusammen mit weiteren Waren und ohne Zwei-Mann-Service. Letzteres können wir wiederum bei einer Bestellung im Markt an vielen Standorten anbieten – hier stellt eine lokale Spedition die Ware aus dem Bestand des Marktes zu.

2. Die zweite Information zu den Lieferbedingungen, die die Kundin dann im Markt erhalten hat, war leider falsch. Der Kollege, der sie hier beraten hat, ist neu im Team und war mit den Lieferbedingungen und ihren Kosten leider (noch) nicht vertraut genug. Ärgerlich. Korrekt ist: 39 Euro kostet die "normale" Lieferung nach Hause, an die Bordsteinkante. Weitere 25 Euro wären fällig geworden für die "Zwei-Mann-Lieferung" direkt an den Aufstellort. Die hatte der neue Kollege aber nicht in der Bestellung vermerkt  - somit nicht bei der Spedition beauftragt. Der Spedition ist hier kein Vorwurf zu machen.

3. Die Bezahlung muss immer vor Ort im Markt erfolgen oder bei der Auslieferung. Auf Rechnung ist dies nicht möglich. Auch hier ist der Spedition kein Vorwurf zu machen.

Zusammenfassung: Es gab einerseits eine klassische menschliche Nachlässigkeit. Kann überall passieren. Doch unsere Kundin versichert, dass bei dem Gespräch in der Filiale auch ein älterer Hornbach-Mitarbeiter zugegen gewesen sei - der es ja hätte besser wissen können. Oder müssen.

Unterschiedliche Service-Levels

Was aber nicht nur die Kundin irritiert, sind die unterschiedlichen Zustellvarianten bei Bestellung online und Filiale. Es gibt hier verschiedene Servicelevel, infolge dessen die Problemlösung auf den Kunden abgewälzt wird. Wer ordert sich schon einen Kühlschrank nur bis an die Bordsteinkante, um dann den Rest des Transports eigenhändig zu organisieren? 
© Aki Röll
Den internen Hornbach-Logistik-Prozessen mögen beide Varianten entsprechen - doch hier kann man mal bei Amazon nachschlagen, wo sämtliche Prozesse auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind. "Ein Kunde, der noch nie mit einer Spedition zu tun hatte, versteht das doch alles gar nicht", sagt unsere Kundin. "Der will einfach so bequem wie möglich online einkaufen." 

Was bieten eigentlich Otto und Media Markt? 

Auch Otto.de bietet hier einen komfortablen Lieferservice, wie ein kurzer Chat mit der Kundenberatung zeigt. Ja, der Kühlschrank werde bis an den gewünschten Aufstellort geliefert - für 29,95 Euro. Weitere 14 Euro kostet die Altgeräteentsorgung.

Gewiss, Otto ist ein reiner Versender, hier gelten andere Regeln als bei einem Multichannelhändler, der das Filialgeschäft mit dem E-Commerce verzahnen muss. Also fairerweise ein Anruf im Kundencenter von Media-Markt.

Ergebnis: Freundlicher, informierter Mann, der uns aufklärt, dass ein online bestellter Kühlschrank im Wert von 500 Euro für die 39,95 Euro Versandkosten bis in die Küche getragen werde. Extrakosten für die Entsorgung des alten Gerätes fallen nicht an. Bei einer Filialbestellung werde das Gerät in einem Radius von 40 Kilometer ausgeliefert, hier würden die Zustellkosten 5 bis 10 Euro höher sein.

Es gibt noch ein bisschen zu tun

Unsere Kundin hat zwischendurch einen Anruf aus der Darmstädter Hornbach-Filiale bekommen. Die Mitarbeiterin am Telefon hatte sich ungefähr ein Kilogramm Asche auf ihr Haupt gestreut, hat erklärt und getröstet. Am Ende standen ein Geschenk-Gutschein in Höhe von 50 Euro und die Hoffnung, dass die Kundin auch weiterhin bei Hornbach einkauft. "Das entscheide ich spontan", sagt diese. "Es bleibt ein ungutes Gefühl."

Hornbach muss sich also noch etwas mehr anstrengen und seine Mitarbeiter fitter machen für die Reise ins Omniconnected Retail-Zeitalter. Nur dann gilt überall: Yippie ya ya, yippie yeahhh.

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