Es gibt viele Gründe, warum Unternehmen den Bach heruntergehen. Entrückte Patriarchen spielen dabei eine Rolle, wie der Unternehmenssanierer Hans-Joachim Ziems dieser Tage erzählt hat. Dann muss einer wie er den Laden retten. Galeria Karstadt Kaufhof soll auch gerettet werden. Dabei ist das Thema Warenhaus nicht mehr ganz so relevant.
Das kann man spleenig finden – oder konsequent, sich dem geschwätzigen Kultur- und Medienbetrieb zu entziehen, in dem einer wie der TV-Philosoph Richard David Precht seine Rolle als gesellschaftskritischer Finger-in-die-Wunde-Leger spielt, Bürgermeister Boris Palmer den Dauer-Provokateur mimt und eine wie Susanne Fröhlich die Bühne braucht, um die nächste ihrer geschriebenen Lebenshilfe-Trivialitäten über Verliebtsein oder Heilfasten zu promoten.
Wenn ein Patriarch jeden Fliegenschiss kontrolliert
Ziems hat für all diese Inszenierungen keine Zeit, weil er sich um die Unternehmen kümmern muss, deren Chefs nicht mehr weiter wissen, weswegen der Untergang droht.
Rumms.
Und dann erzählte Ziems noch ein paar Anekdoten aus dem Alltag eines familiengeführten Unternehmens, und wie sich der mittlerweile verstorbene Firmenchef und Patriarch früher aufführte. "Kathrein senior hat jede kleinste Spesenrechnung seiner Prokuristen selbst kontrolliert – gleichzeitig lief Großes aus dem Ruder."
Jetzt soll der erst 28 Jahre alte Sohn den Laden retten, was er selbstverständlich nicht kann, weil er vom dominanten Vater ebenso wenig darauf vorbereitet wurde wie der Rest des Managements.
Altes Wissen: Als der HSV Europa besiegte
Gehrig ist ein eigener Kontinent. Mit 70 Jahren ist er eigentlich längst im Rentenalter, aber wenn einer derart ein Unternehmen prägt, naja, oder beherrscht, dann ist dieses Unternehmen irgendwann alles, was er hat. Nachfolger? Gehrigs Stellvertreter Gerd Chrzanowski? Schwierig. Wer bisher immer dem Großmeister ergeben sein musste, um in seiner Nähe geduldet zu sein, wird nie selbst einer.
Das Büro als zweite Heimat. Oder als erste.
Komische Käuze sind das, diese Großmeister. Das Büro ist ihre zweite Heimat, vielleicht sogar die erste. Denn daheim zeigt ihnen die Ehefrau einen Vogel, wenn sie zu sehr auf dicke Hose machen. Die Sekretärin aber serviert schön artig den Kaffee – sonst winkt ein Schreibtisch in der Registratur. "Die Noweda ist mein Leben", soll Wilfried Hollmann einmal gesagt haben, früherer Chef des Apothekengroßhändlers. Wenn das Leben sein soll, dann will man solchen Leuten gerne zurufen: Beginnt endlich zu leben.
Als sogar noch der HSV erfolgreich war
Ein Geschäftsmodell, das erfolgreich war, als sogar noch der Hamburger SV erfolgreich war, muss heute nicht immer noch etwas gelten. Denn der HSV gewinnt mittlerweile nicht mal mehr gegen Aue. Siemens-Chef Joe Kaeser hat verstanden, dass er seinen Konzern umbauen muss, um in der neuen zu überleben. "Vision 2020+" heißt sein Projekt, mit dem er den Konzern auf digitale Technologien ausrichten will.Kaeser macht das richtig. Das alte Kraftwerkgeschäft bringt es auf Dauer nicht mehr. Aus einem leergefischten Teich holt man keine Karpfen heraus, indem man nur die Angel wechselt. Gelegentlich muss man sich einen anderen Teich suchen. Oder das Fischen aufgeben.
Warenhaus? Ein bisschen.
Was Fanderl sagt, liest sich wie eine Regierungserklärung unter dem Motto: Wir schaffen das. Nur geht es nicht mehr ums Eigentliche, also um das Warenhaus. Fanderl will einen betriebskostenoptimierten Allesmöglich-Betrieb aufbauen mit Parkhausvermietung, Logistikflächenbetrieb, Serviceangeboten, Kooperationen wie mit Amazon und Zalando – und nebenbei etwas Kauf- und Sporthaus mit kleinem Onlineshop, um wenigstens sichtbar zu sein im Netz. Wenn man ehrlich ist, hat er auch keine andere Chance.
Und die Kunden?
Schlimmstenfalls muss der Karstadt-Kaufhof-Chef zügig und irgendwie 350, wenn nicht sogar 500 Millionen Euro einsparen, denn von Karstadt sind ja keine nennenswerten Gewinne zu erwarten. Das kann er nicht nur über bessere Einkaufs-Konditionen schaffen. Hier wird es auch spürbar ans Personal gehen, auch wenn er verlauten lässt, nicht mehr Mitarbeitende als nötig abbauen zu wollen, "denn unser Format lebt von Beratung und Verkäufern auf der Fläche".Genau so ist es nämlich: Ohne Personal in den Filialen kommt ja erst recht kein Kunde mehr. GKK kann nicht allein durch schlanke Strukturen überleben – es muss viel auch bei den Einnahmen und beim Umsatz passieren. Kunden müssen in die Läden kommen wollen und kaufen, kaufen, kaufen. Wie er das schaffen will – davon hat Fanderl allerdings nicht erzählt. Aber das wäre eigentlich das Spannendste gewesen.
Wir freuen uns auf die Antwort. Kommt keine, übernimmt irgendwann Hans-Joachim Ziems.