Wenn der Handel lustige TV-Werbung macht, dann begibt er sich auf ein dünnes Brett. Das war in dieser Woche unser Projekt, um es mit Toom zu sagen: "Wir haben's getestet, damit du es nicht musst". Und in dem Fall hatten wir viel Spaß.
Ja, so edel ist der Discounter. Letztens hatte ja Schwarz-Chef Klaus Gehrig angekündigt, dass das Einstiegsgehalt bei Lidl bei 2.000 Euro im Monat liegen werde. Die Logik: Wenn wir gut zahlen, dann bekommen wir auch gute Mitarbeiter - und Amazon guckt in die Röhre. Und Lidls nächster Feind Alibaba ebenfalls.

Kein Wunder, dass er damals mit einem fortschrittlichen Mann wie dem früheren Lidl-Chef Sven Seidel nichts anfangen konnte. E-Commerce, Sponsoring zur Imageaufbesserung, eigene Ideen - uhh, das war alles zu modern für den Discounter-Dinosaurier Gehrig. Seidel ist jetzt bei Otto, wo er in der Tat viel besser hinpasst.
Wenn Schwarz-Chef Klaus Gehrig grundsätzlich wird
Die Schnarchliste führt hingegen die frühere Hagebaumarkt-Werbung an mit dem Witz-Veteranen Mike Krüger, der seine große Zeit hatte, als die Leute noch im Neckermann-Katalog bestellten, im Wienerwald aßen und darüber lachten, als Krüger sang, dass man erst den Nippel durch die Lasche ziehen und die Kurbel ganz nach oben drehen muss (wenn Sie jetzt einen Ohrwurm haben, sind Sie Ü50). Für Krüger und Kollegen erfand man übrigens damals den Fachgebriff "Blödel-Barde" (siehe auch Gottlieb Wendehals).
Mike Krüger zieht am Nippel
"Wir haben's getestet, damit du es nicht musst." So lautet der neue Claim. Die Spots zeigen absurde Materialdauertest-Aktionen von Wissenschaftlern, die so roboterhaft daherkommen, als hätten sie vorher alle ordentlich Rohypnol geschluckt.

Wandfarbentest bei Toom (nicht ganz jugendfrei)
Tja, obs aber Toom hilft? Baumärkte sind ja die nächsten Opfer von Amazon. Und TV-Spots als Kunstwerke sind das eine, damit den Weg zu den Kunden finden, ist das andere.
Zumal Werbung in dieser Zeit nicht mehr das ist, was sie mal war: TV und Zeitschriften haben als Plattformen Nummer eins ausgedient - die Menschen gucken lieber Streamingdienste im Internet. Das hat erhebliche Budgetverschiebungen zur Folge, was zur Folge hat, dass die TV-Sender und die Zeitschriftenverlage ins Schwitzen kommen.
Liste des Schreckens
Internetwerbung muss wiederum anders gestaltet sein als TV-Werbung. Wer im Netz auffallen will, muss schräg sein - sonst wird weggeklickt. Im Fernsehen ist man ja den vielen schlechten Spots ausgeliefert, so viel kann man gar nicht auf die Toilette gehen in den Werbepausen.Und es gibt ja gerade von Handelsunternehmen viel öde Werbung. Kleine Liste des Schreckens:
1. Poco und Daniela Katzenberger für eine Zielgruppe, deren Definition man gerne lesen würde
2. Möbel Roller und Dieter Bohlen - oder ist das ein Spot für Photoshop?
3. Adler-Moden und Birgit Schrowange lange Zeit kommerziell erfolgreich, aber hilft heute nicht mehr
4. Kik mit Verona Pooth - nie gut aber immer Kult.
5. Lidl macht sich aktuell mit einer Edeka-Persiflage selbst zum Gespött
6. Kein Mensch redet mehr über den Reifenanbieter Tirendo. Gottseidank auch niemand über den Vettel-Spot.
7. Es gab Menschen, die fanden die Fußball-WM ganz okay. Die waren von Mehmet Scholl und Expert abgehärtet.
8. Expert und Scholl sind Wiederholungstäter - 2020 ist EM!
9. Billig + Busen: Fertig ist der TV-Spot für Redcoon.
10. Nur um zu zeigen, dass Zalando auch schlechte Werbung konnte: Der allererste Spot von 2009.
Wir wollen aber nicht ungerecht sein, es gab auch Unterhaltsames. Doch, doch, die Spots, die Schlecker noch kurz vor dem Untergang in Auftrag gab, um das desaströse Image aufzuhellen, hatten eine ästhetische Lustigkeit - die vor allem durch den Kontrast zu diesem gruseligen Unternehmen lebte.
Edeka mit Friedrich Liechtenstein ist okay, wobei wohl Liechtenstein Edeka als Bühne mehr braucht als Edeka ihn. Oder wer erinnert sich noch an Maßgebliches von ihm außerhalb der Supermarktbespaßung? Liechtenstein ist die Klementine der Neuzeit. Einmal Werbefigur, immer Werbefigur.