Die Bereitstellung digitaler Alternativen zum Ladenbesuch hat stationäre Händler während des Lockdowns nicht nur jede Menge Arbeit, sondern vor allem auch Geld gekostet. Die gute Nachricht ist: All diese Anstrengungen sind nicht umsonst gewesen - denn sie ermöglichen Datenanalysen, die den entscheidenden Unterschied machen können, um die Krise nicht nur zu überstehen, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Was Händler dabei beachten müssen, erklärt Roger Illing, Vice President of Central Europe bei Alteryx, in einem Gastbeitrag.

Für den stationären Handel hat die Corona-Pandemie einen enormen Kraftakt bedeutet. Um den Kunden trotz aller Beschränkungen den bestmöglichen Service bieten zu können, wurden digitale Alternativen wie das „Click & Meet“-System unerlässlich.

Dass dies immerhin von rund 51 Prozent der Deutschen häufig oder zumindest gelegentlich genutzt wird, zeigt eine Umfrage des Online-Katalog-Anbieters Bonial. Doch die Bereitstellung solcher Systeme hat lokale Unternehmer nicht nur jede Menge Kraft, sondern vor allem auch Geld gekostet – eine Ressource, an der es mehr denn je mangelt.
Statt persönlich im Laden waren viele Händler in der Zeit der Geschäftsschließungen mit ihren Kunden digital in Kontakt.
© IMAGO / Arnulf Hettrich
Statt persönlich im Laden waren viele Händler in der Zeit der Geschäftsschließungen mit ihren Kunden digital in Kontakt.
Die gute Nachricht ist: All diese Anstrengungen sind nicht umsonst gewesen. Ganz im Gegenteil sogar, denn sie ermöglichen Datenanalysen, die den entscheidenden Unterschied machen können, um die Krise nicht nur zu überstehen, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Das Beste aus beiden Welten

Von der Kundenbetreuung über das Managen von Lagerbeständen bis hin zum Bestellen neuer Warenlieferungen: Laut „Monitoring-Report Wirtschaft Digital 2018“ des BMWi waren 84% der Händler davon überzeugt, dass die Digitalisierung für ihren Erfolg eine wichtige Rolle spielt. Trotzdem gaben zu diesem Zeitpunkt nur 13% von ihnen an, in naher Zukunft weiter stark investieren zu wollen.

Dieses zögerliche Handeln fiel ihnen beim Ausbruch der Pandemie schmerzlich auf die Füße. Letztlich ist es dem Virus zu verdanken, dass bei vielen nun gezwungenermaßen der erste, technologische Grundstein gelegt ist, den es braucht, um auch in Zukunft mitzuhalten.

Der Vorteil stationärer Händler

Denn digitalisierte Prozesse, Daten und die Erkenntnisse, die sie liefern können, spielen nicht nur für Amazon und Co. eine zentrale Rolle – auch lokale Händler können maßgeblich profitieren.

Im Vergleich zum E-Commerce verfügen sie außerdem über einen entscheidenden Vorteil: Sie stehen den Konsumenten nämlich sehr viel näher und wissen genau, wo ihre aktuellen Bedürfnisse liegen.

Dieses Wissen in Kombination mit gezielten Datenanalysen stellt im Kampf um die Gunst der potenziellen Kundschaft eine extrem mächtige Waffe dar. Denn: Je besser man seine Zielgruppe kennt, desto besser kann man sie betreuen und letztendlich auch den entscheidenden Umsatz erzielen.

Optimierte Lieferketten und Ultra-Personalisierung

Die Möglichkeiten, die Datenanalysen bieten, sind extrem vielfältig: Sie reichen nicht nur von optimierten Lieferketten über eine ultrapersonalisierte Ansprache bis hin zum Erkennen bestimmter Muster wie beispielsweise dem wiederkehrenden Kauf einer Tagescreme, deren Tiegel alle zwei Monate aufgebraucht ist – sie gehen noch weit darüber hinaus.

Beispiel Oktoberfest

Ein Beispiel: Die Stadt München erwirtschaftet mit dem Oktoberfest jährlich etwa eine Milliarde Euro, wobei nicht nur Wirte und Hoteliers, sondern auch der Einzelhandel mächtig Kasse machen. Sie können Machine Learning (ML), Künstliche Intelligenz (KI) und Sentiment-Analyse nutzen, die dabei helfen, ein personaliertes Kundenerlebnis zu bieten und aufkommende Trends frühzeitig zu erkennen.

Welche Farben, Stoffe und Muster sind in diesem Jahr angesagt? Welche Accessoires sind gefragt? Und wird das Wetter gut oder lohnt es sich, neben den Lederhosen noch einen Ständer mit Regenschirmen aufzustellen?

Ein Händler, der hier nicht die verfügbaren Daten analysiert und die richtigen Bestellungen aufgibt, wird sich nicht nur ärgern, sondern auch große Mengen an Umsatz verlieren. Gerade 2022, nach zwei ausgefallenen Wiesn, können gezielte Datenanalysen dem stationären Handel dabei helfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Auch viele kleine, spezialisierte Händler haben während des Lockdowns die Option Click&Collect eingeführt.
© IMAGO / Hanno Bode
Auch viele kleine, spezialisierte Händler haben während des Lockdowns die Option Click&Collect eingeführt.

In drei Schritten zum Erfolg

Die notwendige Basis ist bei vielen lokalen Händlern gelegt. Damit diese aber auch in der Praxis einen Mehrwert bietet, gilt es drei wichtige Schritte zu beachten:

1. Schluss mit Datensilos

Zunächst müssen alle verfügbaren Daten aus ihren Silos befreit und zusammengeführt werden. Dazu zählen Kundeninformationen genauso wie Daten von Lieferanten und angebotenen Dienstleistungen oder Produkten.

Denn nur dann, wenn diese in einen größeren Kontext gesetzt werden können, lassen sich Zusammenhänge, aber auch Schwachstellen und Optimierungspotenziale erkennen. Und letztendlich sind es diese Erkenntnisse, die dazu beitragen, die Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten und den Umsatz anzukurbeln.

2. Die richtigen Tools

Damit das funktionieren kann, braucht es die richtigen Tools, um repetitive Datenprozesse zu automatisieren. Sie helfen dabei, große Datenmengen auszuwerten, was auf manuelle Weise extrem zeitaufwendig und deshalb auch nicht wirtschaftlich wäre.

Bei der Wahl des zu implementierenden Tools ist vor allem wichtig, dass sich dies intuitiv bedienen lässt, damit jeder Händler es ohne die Hilfe Dritter nutzen kann. Der Handelskette 7-Eleven, die über 70.000 Läden in 17 Ländern betreibt, war so möglich, die benötigte Zeit ihrer jährlichen Datenanalyse von 100 auf nur eine Stunde zu reduzieren.

3. Der Faktor Mensch

Bei der digitalen Transformation ihres Geschäfts dürfen Händler einen wesentlichen Punkt nicht übersehen: Daten und Technologien sind zwar wichtig, ihr volles Potenzial können sie aber nur in Kombination mit einer dritten wichtigen Komponente erfüllen – und das ist der Mensch. Nur mithilfe seiner analytischen Denkweise ist es möglich, aus Informationen einen echten Mehrwert zu generieren. Dass man hierfür ein IT-Experte sein muss, ist ein fataler Trugschluss.

Tatsächlich besitzen Händler von Natur aus die nötige Kompetenz: Zahlen sind ihr tägliches Geschäft, ebenso wie das Erkennen von aufkommenden oder abflachenden Trends. So können sie den dringend benötigten situativen Kontext und die Kreativität liefern, die zur Lösung komplexer Geschäftsprobleme benötigt werden.

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