Neben einer groß angelegten Expansion stand Flaschenpost 2020 vor allem wegen der Übernahme durch den Familienkonzern Oetker im medialen Fokus - der den hauseigenen Getränkelieferdienst Durstexpress zugunsten der Marke Flaschenpost einstampfte. Dann wurde es bis zur Ausdehnung des Lebensmittel-Liefergebiets nach erfolgreichem Test im Raum Münster eher ruhig. Zeit, einmal einen genaueren Blick auf Flaschenpost und den neuen E-Food-Service zu werfen.
Heute beliefert das Start-up Kunden in über 150 Städten von über 30 Standorten aus, hat pro Standort bis zu 400 Mitarbeiter und 400 Fahrzeuge und beglückt seine Kunden mit rund 150.000 ausgelieferten Kisten pro Tag bei über sieben Millionen Bestellungen pro Jahr.

Zudem startete Flaschenpost im September 2020 am Standort Münster einen Test, auch Lebensmittel ins Sortiment aufzunehmen. Als Grosshandelspartner fungiert für Flaschenpost die Bünting Gruppe. Eigenmarken des Handelshauses wie „Goldmarie“ oder „Naturwert“ finden sich dabei ebenfalls im Flaschenpost-Lebensmittelsortiment wieder.
Vom Nischen-Spezialisten zum Supermarkt-Einkauf
Den Umfang des künftigen Angebots will Flaschenpost allerdings auch von seinen logistischen Prozessen abhängig machen, die nicht zu komplex werden sollen.Die Integrationsmöglichkeit der neuen Sortimente hatte das Start-up vorab geprüft und für die Zustellung eigens eine gekühlte Lieferbox in Form einer Getränkekiste entwickelt, die sich gut in die bisherigen Logistikabläufe integrieren lässt. Im Juli 2021 folgte dann der Roll-out des neuen Konzepts mit Lebensmitteln in der Region Düsseldorf sowie in Langenfeld. Dabei können Kunden nun aus rund 3.600 Produkten inklusive Frische und Tiefkühlkost – als Sortimentserweiterung zum bestehenden Getränkesortiment – wählen. Darunter ebenfalls frisches Obst und Gemüse, weitere Lebensmittel-Ankerprodukte sowie Reinigungs- und Drogerieartikel.
Des Weiteren plant Flaschenpost, auch verstärkt regionale Produkte von Erzeugern und Landwirten, die Kunden eher vom Wochenmarkt kennen, ins Sortiment aufzunehmen. Laut Unternehmensangaben ist eine Ausweitung des Liefergebiets auf weitere Metropolregionen angedacht.
Die Value Proposition
Neben den allgemeinen Convenience-Aspekten bei der Online-Lebensmittellieferung hat Flaschenpost gegenüber anderen Online-Supermarkt-Anbietern eine große Stärke: Geschwindigkeit.Über die bestehenden Logistikstrukturen ist Flaschenpost in der Lage, nicht nur Getränkebestellungen, sondern auch das zusätzliche Lebensmittelortiment innerhalb von zwei Stunden nach Bestelleingang auszuliefern.

Zudem versucht sich Flaschenpost neben der horizontalen Sortimentsdiversifizierung mit Lebensmitteln ebenfalls an der Erschließung weiterer Kooperationen und Auslastungsoptimierung der eigenen Logistikstrukturen im Sinne eines Plattformansatzes.
Bestes und kluges Beispiel hierfür: Die Kooperation mit About You mit für den Kunden kostenloser Mitnahme der Retouren des Fashionanbieters bei Übergabe der Flaschenpost-Bestellung.

Shopaufbau: Bestehendes Layout mit Erweiterungen
Der Shop von Flaschenpost war vor der Erweiterung des Sortiments auf Lebenbensmittel primär auf die Nische Getränke ausgelegt, was dem heutigen Shopdesign auch deutlich anzusehen ist.Positiv zu erwähnen sind die Hauptkategorien der Menüleiste, die jeweils um einen visuellen Anker ergänzt sind, bspw. ein Weinglas für die Kategorie „Wein und mehr“. Dies hilft dem Konsumenten, unbewusst über den visuellen Anker die Information schneller zu dekodieren und aufzunehmen. Der Shop wirkt dadurch nutzerfreundlicher und übersichtlicher.

Eigene Kategorieseite für regionale Produkte
Die Kategorieseiten zeigen sich aufgeräumt und übersichtlich. Am linken Seitenrand ist nochmals das Menü der aktuell angewählten Kategorie mit ausklappbaren Unterkategorien dargestellt. Auch kann noch zusätzlich nach Marken gefiltert werden. Auch ein Breadcrumb zur besseren Orientierung innerhalb der Seitennavigation ist vorhanden.Die dargestellten Produktkacheln überzeugen durch gute Übersicht, enthalten alle vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Infos und sind optisch dezent voneinander abgegrenzt. Zudem kann zwischen einer Kachel- und einer Listenansicht ausgewählt werden.

Auch würde eine Erweiterung der Filtermöglichkeiten über den „Marken-Filter“ hinaus weiteren Mehrwert stiften, bspw. hinsichtlich Zusatzstoffen und Allergenen wie Gluten.

Neben einem breiteren Kacheldesign und der fehlenden Menüleiste links besticht diese durch ein Moodbild-Banner am Seitenanfang sowie durch Infos zu den Produzenten am Seitenende. Kategorien oder Filter fehlen jedoch leider.
Verbesserungspotenzial bei den Produktdetailseiten
Die Produktdetailseiten lehnen sich auch im Lebensmittel-Bereich stark an die Darstellung bei den Getränken an. Alle benötigten Infos sind vorhanden, jedoch wirken die Seiten etwas leer.Hier könnte man noch Infos zum Hersteller oder aber auch im Rahmen von Cross-Selling noch weitere ebenfalls passende Produkte oder Alternativen anzeigen.

Fazit
Flaschenpost überzeugt vor allem durch die Lieferleistung am gleichen Tag innerhalb von nur zwei Stunden. Und bietet diesen Service auch fernab der grossen Metropolen an, in denen Quick Commerce für den Kunden verfügbar ist.Der Einstieg und die Sortimentserweiterung im Bereich Lebensmittel ist für Flaschenpost ein recht smarter Move. Einerseits, da sich so ein Direktabsatzpotenzial für die Marken des neuen Inhabers Oetker abzeichnet, bei dem Oetker auch seine Kunden und deren Bedürfnisse besser verstehen kann.
Andererseits, da der deutsche Markt für E-Food noch in den Kinderschuhen steckt und weiterhin enormes Potential bietet. Es bleibt spannend, wie sich Flaschenpost im E-Food-Segment weiter entwickeln wird.