Nach dem Aus der Third-Party-Cookies wird eine Frage im E-Commerce immer präsenter: Wie kann Personalisierung ohne Cookies aussehen? Marketer machen sich zunehmend Gedanken über einen alternativen Weg, Privatsphäre und individuelle Ansprache unter einen Hut zu bekommen. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei die Nutzung der eigenen Kundendaten ein. Wie Personalisierung auch ohne Daten von Drittanbietern gelingt und welche Chancen sich daraus ergeben, zeigt Felix Schirl, CEO von Trbo.

Onlineshopper wünschen sich ein individuelles und persönliches Einkaufserlebnis. Gleichzeitig fordern sie aber auch hohe Standards für den Datenschutz und wollen ihre Privatsphäre gewahrt wissen. Das lässt sich jedoch nicht immer mit den häufig genutzten Third-Party-Cookies vereinbaren.

Unternehmen stehen zunehmend vor der Herausforderung, auf die Datenerhebung durch Drittanbieter zu verzichten und stattdessen mit unternehmenseigenen Daten zu arbeiten - für viele eine Mammutaufgabe.
Onlinehändler wollen Kunden ein individuelles Einkaufserlebnis bieten und müssen gleichzeitig hohen Datenschutzstandards gerecht werden.
© IMAGO / agefotostock
Onlinehändler wollen Kunden ein individuelles Einkaufserlebnis bieten und müssen gleichzeitig hohen Datenschutzstandards gerecht werden.
Dabei besitzen Marketer einen regelrechten Datenschatz. Das Potenzial der eigenen Kundendaten wurde jedoch bisher - trotz des Einsatzes intelligenter Systeme - nicht voll ausgeschöpft. Vielen Shopbetreibern fehlt noch das nötige Know-how und Verständnis für den smarten Einsatz der eigenen Kundendaten.

Die individuelle Customer-Journey - ohne Cookies eine Herausforderung?

Einmal mehr müssen Datensilos aufgebrochen und Kanäle miteinander verknüpft werden. Ein Beispiel: Das Performance-Marketing optimiert seine Anzeigen, der User fühlt sich angesprochen und klickt. Er landet auf der Website - aber hier ist eine andere Abteilung zuständig und diese hat vielleicht keinen Zugriff auf die bisher gesammelten Infos.

Das Ergebnis: Der Nutzer trifft auf verschiedene Botschaften, findet aber vielleicht das ursprüngliche Angebot, weshalb er auf die Website klickte, nicht wieder. Aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit der Abteilungen immens wichtig. Außerdem spielt die direkte Interaktion der User nun eine bedeutende Rolle - eine bisher ungewohnte Situation für Marketer.

Die Voraussetzungen

Um Personalisierung auch ohne Cookies zu realisieren, gibt es einige Voraussetzungen, die Shopbetreiber berücksichtigen sollten. Zunächst müssen die bereits vorhandenen Marketing-Technologien durchleuchtet werden. Ist der vorhandene Ad-Tech-Anbieter auch wirklich DSGVO-konform? Welche der Anbieter bringen überhaupt einen Mehrwert? Es ist gegebenenfalls nötig, sich von Anbietern zu trennen oder den Tech-Stack sinnvoll aufzustocken.

Außerdem ist es nun ganz besonders wichtig, Datensilos aufzubrechen und darin vorhandene Kundendaten miteinander zu verknüpfen.

Durch die unterschiedlichen Kanäle des Unternehmens entsteht eine Vielzahl an Daten. Werden die Informationen aus den unterschiedlichen Kanälen nun zusammengefügt, ermöglicht das einen 360°-Blick auf den Kunden. Er kann jetzt auch ohne Drittanbieter-Cookies individuell angesprochen werden.

Die individuelle Ansprache ohne Third-Party-Cookies

Shopbetreiber haben auch ohne Third-Party-Cookies eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihre Nutzer individuell anzusprechen. Eine Variante, die Marketer ganz ohne Drittanbieter nutzen können, ist das Contextual Targeting. Dabei werden Anzeigen und Inhalte auf Basis von bestimmten Umfeldern ausgespielt. Das ermöglicht es, Zielgruppen zu erkennen und diese dann gezielt anzusprechen.

Ein User, der zum Beispiel nach Jeans sucht, bekommt auf der Kategorieseite dann explizit Teaser zu Jeanshosen ausgespielt. Das können Angebotsteaser wie zum Beispiel "Zwei zum Preis von Einem" sein, aber auch ein Hinweis auf die neue Kollektion oder den Sale in der jeweiligen Kategorie.
Das semantische oder Kontext-Targeting ermöglicht es Shop-Betreibern Nutzer auch ohne Daten von Drittanbietern individuell anzusprechen. Inhalte werden dabei auf Seitenebene mit linguistischen Mitteln analysiert und Anzeigen gezielt in einem relevanten Umfeld platziert.
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Das semantische oder Kontext-Targeting ermöglicht es Shop-Betreibern Nutzer auch ohne Daten von Drittanbietern individuell anzusprechen. Inhalte werden dabei auf Seitenebene mit linguistischen Mitteln analysiert und Anzeigen gezielt in einem relevanten Umfeld platziert.

Kunden nach ihren Präferenzen fragen

Noch einfacher ist es, die Informationen aus dem Kundenkonto zu nutzen. Königsklasse ist, wenn Nutzer bei der Erstellung des Kontos Angaben zu ihren Präferenzen machen können und so selbst entscheiden, was sie preisgeben möchten und was nicht. Dafür kann zum Beispiel eine Umfrage oder ein Quiz genutzt werden.

Die Informationen können die Nutzer jederzeit ergänzen oder austauschen. Der Webshop ist also immer auf dem aktuellsten Stand und kann den User jederzeit individuell ansprechen.

Darüber hinaus profitieren Nutzer nicht nur online von ihrem Kundenkonto, es kann auch mit den Offline-Käufen verknüpft werden. Im Webshop gesammelte Treuepunkte können dann direkt im stationären Handel eingelöst werden. Außerdem können die Informationen über den Einkauf vor Ort zur Personalisierung im Webshop genutzt werden.

Möglichst viel über Kunden zu wissen, hilft Händlern ihr Marketing zu verbessern. Doch beim Umgang mit Kundendaten ist Vorsicht geboten.
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Etailment-Expertenrat

Beim Datenschutz auf Nummer sicher gehen

Durch In-Store-Befragungen zu Präferenzen werden diese sogar noch spezifischer. Neben der cookielosen Personalisierung ermöglichen Kundenkontos zudem eine engere Kundenbindung.

Mehr Daten aus erster Hand nutzen

Möchten Marketer aber nicht vollends auf Cookies verzichten, kann auch mit First-Party-Daten gearbeitet werden. Der Unterschied zu den kritischen Third-Party-Cookies liegt darin, dass die First-Party-Daten Eigentum des Unternehmens sind und von diesem erhoben werden.

Der Nutzer wird also nur von der shopeigenen Website wiedererkannt. Dafür werden die Informationen über ihn im Local Storage des Browsers oder einem First-Party-Cookie gespeichert und beim nächsten Besuch ausgelesen. So können ihn dann beim Wiedereintritt in den Shop die zuletzt betrachteten Artikel begrüßen oder er wird auf den Sale in seiner bevorzugten Kategorie hingewiesen.

Aber auch der Kaufabschluss kann dadurch einfacher gestaltet werden, indem Daten wie die Adresse oder die bevorzugte Zahlungsart gleich vorausgefüllt werden.

Anreize zur Interaktion setzen

Um an First-Party-Daten zu gelangen, ist die Interaktion des Nutzers mit dem Webshop nötig. Das kann beispielsweise beim Kaufabschluss, einer Newsletteranmeldung oder dem Surfen auf der Website geschehen.

Der Besuch einer einzelnen Produktdetailseite reicht also schon aus, um aussagekräftige Informationen über den Nutzer zu erhalten - z.B. welchen Artikel er in welcher Farbe betrachtet hat. Der Besuch mehrerer Seiten führt zu noch mehr Informationen.

Es ist also wichtig Anreize zu setzen, mit dem Shop zu interagieren - immer wieder. Beispielsweise durch Gewinnspiele oder Rabatte bei einer Newsletteranmeldung.

Die cookielose Personalisierung birgt auch Chancen

Auch wenn viele Marketer vor einer scheinbar unlösbaren Aufgabe stehen, gibt es zahlreiche Vorteile, die aus der Personalisierung ohne Cookies hervorgehen. Mit dem Aus der Third-Party-Cookies erlangen Unternehmen die Hoheit über ihre Daten wieder zurück. Webshops bekommen einen viel besseren Überblick über die Bedürfnisse ihrer Besucher und können dementsprechend auf sie eingehen.

Die Daten sind zudem viel aktueller und ermöglichen einen 360°-Blick auf den Kunden. Durch die immer passende Ansprache fühlt sich der Nutzer verstanden, kommt gerne wieder, und die Kundenbindung steigt.

Ein weiterer Vorteil ist das größere Vertrauen, welches Kunden dem Unternehmen entgegenbringen. Sie können sich nun sicher sein, dass ihre Daten nicht an unbekannte Drittanbieter weitergegeben werden.

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