Die Zukunft des Handels ist digital. Das gilt auch für lokale Ladengeschäfte. Filiale und E-Commerce verschmelzen zunehmend. Online-Verkaufskanäle und Click & Collect sind dabei allerdings noch nicht die Endausbaustufe. Vielmehr sollten alle Unternehmensbereiche mit Kundenkontakt in den digitalen Raum wandern, um die Customer Experience zu optimieren, sagt Markus Rohmeyer von der Novomind AG.

Die Corona-Krise hat nicht nur Onlinehändler beflügelt. Zwar kaufen Kunden immer noch häufig via Internet, doch auch der stationäre Handel gewann mit seinen Diensten Kundschaft hinzu und konnte sich in den Lockdowns behaupten.

So wurden Konzepte wie Click & Collect oder auch eine direkte Lieferung vom lokalen Geschäft immer beliebter. Die PwC-Umfrage „Global Consumer Insights Pulse Survey“ ergab außerdem, dass die Hälfte aller Menschen im Homeoffice häufiger in einem nahe gelegenen Laden einkauft. Doch auch bei den Teilnehmern, die überwiegend nicht im Homeoffice tätig sind, nutzten über ein Drittel häufiger einen „Laden um die Ecke“.
Lokales Ladengeschäft und Onlineshopping können sich sinnvoll ergänzen - wenn auch der Kundenservice alle Kanäle bedient.
© IMAGO / agefotostock
Lokales Ladengeschäft und Onlineshopping können sich sinnvoll ergänzen - wenn auch der Kundenservice alle Kanäle bedient.

Lokale Läden profitieren

Aus diesen aktuellen Markterkenntnissen lassen sich mehrere Dinge ableiten. Erstens: Regionalität und die damit zusammenhängende Nachhaltigkeit von Einkäufen gewinnen an Bedeutung. Zweitens: Lokales Ladengeschäft und Online-Shopping konkurrieren nicht. Vielmehr sind sie eine wertvolle Ergänzung, die von Verbrauchern geschätzt und angenommen wird.

In Zukunft werden die Grenzen zwischen Filiale und E-Commerce zunehmend verschwimmen. Dies liegt schlicht daran, dass Kunden eine immer höhere Flexibilität im Shopping voraussetzen. So möchten sich einige vorab bequem im Internet über Produkte, ihre Eigenschaften, die Preise und die Verfügbarkeit informieren - auch unterwegs via App. Daran schließt sich dann beispielsweise ein (Spontan-)Kauf mit direkter Abholung an. Andere wiederum bevorzugen eine Vor-Ort-Beratung, möchten den Artikel jedoch erst später online bestellen und liefern lassen.

Die Zukunft des Handels ist "all-in-one"

In der Fachsprache werden solche Kunden mittlerweile auch „hybride Kunden“ genannt. Um diese Zielgruppe zu erreichen, benötigen Händler zwingend eine flexible E-Commerce-Lösung, die alle Kanäle und Liefermodelle gleichermaßen abbilden kann. Um außerdem die Zielgruppe zu erreichen, die bevorzugt über große Marktplätze wie Amazon einkauft, sollte die Lösung auch entsprechende Marktplatz-Anbindungen mitbringen.

Wichtig bei solchen All-in-one-Systemen ist in jedem Fall, dass sie nahtlos mit dem zentralen Backend-System zusammenarbeiten. Denn je größer die Anzahl der Verkaufskanäle und Lieferoptionen wird, desto wichtiger ist die reibungslose Datensynchronisation. Eine essenzielle Rolle spielen außerdem intelligente, automatisierte Prozesse. Sie ermöglichen es, dem Kunden eine hohe Shopping-Flexibilität anzubieten, ohne dass der manuelle Aufwand dabei zu groß wird.

Kundenservice nicht aus dem Blick verlieren

Das Zwischenfazit: Omnichannel ist ein wichtiger Baustein des zukünftigen Erfolgs im Handel. Allein die Verbindung von Online- und Offline-Geschäft reicht jedoch nicht aus, um Kunden zum Kauf zu bewegen. Vielmehr wird die Kaufentscheidung maßgeblich von der Servicequalität mitbestimmt. Das unterstreicht eine Studie, wonach 88% der deutschen Verbraucher sagen, die Servicequalität beeinflusse ihre Kaufentscheidung. Über 50% der Teilnehmer gaben sogar an, die Qualität des Kundenservice sei für sie wichtiger als der Preis.

Traditionell können gerade lokale Händler mit gutem Service punkten. Auch das spiegelt sich in der Studie wider. So sind 80% der Befragten mit dem Kundenservice in Deutschland zufrieden. Die Herausforderung besteht jedoch darin, die hohe Beratungsqualität nicht nur vor Ort, sondern auch telefonisch und auf Onlinekanälen zu bieten.

Nahtlose Übergänge zwischen den Shoppingwelten: Händler sollten Online und Offline nicht nur parallel betreiben, sondern die Vertriebskanäle verschmelzen.
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Omnichannel

Wie stationäre Händler jetzt aus der Not eine Tugend machen

Jüngere erwarten Chat, Messenger und Soziale Medien

Insbesondere die jüngere Zielgruppe erwartet, den Kundenservice neben Telefon und E-Mail auch über Chat, Messenger und Soziale Netzwerke erreichen zu können. Zusätzlich zu einer hohen Servicequalität sind dabei auch kurze Reaktionszeiten wichtig. Gerade bei Kanälen dieser Art ist die Zufriedenheit der Studienteilnehmer bisweilen aber eher durchwachsen.

Händler müssen im Service-Bereich also zwei Baustellen angehen. Einerseits müssen sie eine größere Zahl an Kommunikationskanälen anbieten. Auf der anderen Seite müssen sie eine gleichbleibend hohe Servicequalität auf all diesen Kanälen realisieren. Möglich ist dies jedoch nur, wenn alle Unternehmensbereiche mit Kundenkontakt in einem gemeinsamen System zusammenarbeiten.

Die optimale All-in-one-Lösung für Händler bildet also nicht nur den Omnichannel-Verkauf, sondern auch den Omnichannel-Kundenservice ab. Denn hierdurch wird es möglich, eine Rundum-Sicht auf den Kunden zu realisieren und ihm eine optimale Customer Experience zu bieten.

Diese Maßnahmen sollten Händler jetzt ergreifen

In Zukunft werden vor allen Dingen diejenigen Händler erfolgreich sein, die ihren Kunden über alle Online- und Offline-Kanäle hinweg ein hervorragendes Service- und Einkaufserlebnis bieten können. Daraus lassen sich zusammenfassend folgende Handlungsempfehlungen für lokale Geschäfte und Filialisten ableiten:

  • Omnichannel-Shopsystem einführen
  • ggf. Shopping-App anbieten
  • Marktplatzanbindung realisieren
  • hochwertige Produktinformationen im Netz bereitstellen
  • flexible Lieferoptionen anbieten
  • Daten aller Verkaufskanäle mit dem Backend synchronisieren (optimalerweise in Echtzeit)
  • Kundenservice ebenfalls über digitale Kanäle anbieten
  • Servicequalität auf allen Kanälen sichern
  • Service unabhängig vom Kanal in einem zentralen System managen
  • Verkauf und Kundenservice systemtechnisch verknüpfen, um eine hervorragende Kundenerfahrung zu gewährleisten


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