E-Commerce-Buzzword-Champions der letzten Monate: Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. Von der Debattenintensität erinnern sie stark an “Big Data”: Wissen Sie noch, wie dieses Phänomen vor einigen Jahren den digitalen Blätterwald und die Impulsvortragsfolien füllte?
Ende der Technik. Die Idee, dass man Daten auf die gleiche simple Weise von einem Rohzustand in eine sinnvolle Nutzung überführt, war und ist grotesk. Die Idee, dass jedes halbwegs Tech-affine Unternehmen sich einen oder mehrere Datenanalysten “halten” könnte, um einen dauerhaft zukunftsfähigen Nutzen mit KI zu erzielen: Spät-karnevalesk. Also, mein Zwischenruf, Ihr Narren! Wir Menschen sind ja phantasiebegabt, das macht uns so unterhaltsam. Andernfalls würden die einen nicht hollywoodesk über künstliche Intelligenz-Maschinen sprechen, die terminatorgleich die Welt beherrschen und die Menschheit unterjochen – oder zumindest Allen die Arbeitsplätze entreißen (und damit altgediente Gewerkschaftsrecken dazu zwingen, sich fluchend mit dem Digitalisierungsdings zu beschäftigen). Und die anderen würden nicht in Hippie-hafter Technikverblendung das Hohelied auf die KI singen, weil sie alles besser macht, automatisch Geld verdient und Elvis wieder auferstehen lässt.
Lassen Sie uns aber trotz dieses Unterhaltungswerts kurz in die Tiefe gehen und das Begriffswirrwar auflösen. Der populärwissenschaftliche Begriff zu dem Themenbereich lautet “Künstliche Intelligenz” – was zunächst griffig klingt, es aber nicht ist, weil niemand genau weiß, was “Intelligenz” eigentlich bedeutet."KI macht alles besser, verdient automatisch Geld und lässt Elvis wieder auferstehen."
“Maschinelles Lernen” und “Deep Learning”.
Forscher verwenden daher eher die Begriffe “Maschinelles Lernen” oder in der nächsten Ausbaustufe “Deep Learning”. Sie beziehen sich damit auf Algorithmen, die sich schrittweise selbst optimieren. Realisiert wird das über künstliche neuronale Netze, durch die Quelldaten wie etwa Bilder, Texte oder Sprache geschickt werden.Diese Netze erkennen Muster in Daten und können diese immer genauer und sinnvoller klassifizieren oder Zusammenhänge erkennen – sie lernen. Beispiel: Man nehme sämtliche auf Google Photos gespeicherten Schnappschüsse, würze sie mit einem Schuss menschlichen kognitiven Inputs – wann haben Sie jüngst bei einem Captcha Ampeln und Autos angeklickt? – und schon kann der Suchprimus aus Mountain View zuverlässig einen Stuhl von einem Thermomix unterscheiden. Bravo!
Und genau da sind wir bei den wichtigsten Ingredienzien einer eigenen KI-Strategie. Zum eine Daten. Unmengen an Daten, um die eigene KI zu trainieren. Google hat sie, Amazon auch, Facebook natürlich auch. “Werkstoffe Waldhausen” aus Wesel eher weniger.
Zum anderen: Rechen-Power. Siehe oben.
Zu guter letzt: Leute. Die guten sind alle bei Google, Amazon oder Salesforce. Und selbst wenn Sie eine Datenzauberin finden, die in ihrem Unternehmen arbeitet, bekommen Sie sehr bald ein Skalierungsproblem. Gartner schätzt, dass 80% aller KI-Projekte in Unternehmen pure Alchemie bleiben.80% aller KI-Projekte in Unternehmen sind pure Alchemie.
Im Klartext: KI und alles was dazugehört, sind und bleiben vorerst eine Domäne der großen Plattformen. Selbst wenn etwa Amazon Deep-Learning-as-a-Service anbieten, dürften den allermeisten Marken und Händlern das Daten-Trainingsmaterial fehlen, das die Cleverness der eigenen Algorithmen zu einem messbaren wirtschaftlichen Vorteil werden lässt.
KI ist Fortschritts-Folklore
Daher, liebe Marken und Händler, betrachten Sie diese Buzzwords als das, was sie sind: Fortschritts-Folklore, die, wenn überhaupt, nur über den Weg von Dienstleistungen und Produkten Dritter in ihr Unternehmen finden sollte.