Im deutschen Parfümhandel ist viel Bewegung, dafür sorgt Marktführer Douglas. Der tschechische Onlinehändler Notino schaut sich das alles in Ruhe an, bevor er hier weiter expandiert. Dafür setzt das Unternehmen auf die Ideen des deutschen Mittelständlers Mattias Mußler.

So stellt sich Mattias Mußler die schöne neue Welt der guten Düfte vor. Es gibt eine Frisierecke, Schminktisch und Services für Augenbrauen – also eine Schönheitsvollversorgung. "Wer einfach nur noch Produkte in die Regale stellt, verliert seine Daseinsberechtigung", sagt er. Mußler Beauty by Notino heißt sein Laden im Stuttgarter Einkaufszentrum "Gerber", und der ungewöhnliche Name verrät, dass es hier um mehr geht als um eine Stuttgarter Traditionsparfümerie. 

Vor über einem Jahr ist der tschechische Onlinehändler Notino zu 75 Prozent bei Mußler Beauty eingestiegen, Inhaber Mußler bleiben 25 Prozent, und er ist bei Notino zum Global Retail Director aufgestiegen. Die Tschechen wollen von der Multichannelkompetenz des Stuttgarters profitieren. 

Onlinehandel kostet viel Geld

 Das über 83 Jahre alte Unternehmen beherrscht auch den Onlinehandel, von zuletzt 12 Millionen Euro Umsatz erzielte Mußler die Hälfte im Netz – für einen Mittelständler eine sagenhafte Quote. Jedoch nicht genug, um zukunftsfähig zu bleiben. "Denn man braucht eigentlich 20, 30 Millionen Gesamtumsatz, um die enormen Investitionen für Technik und Logistik zu decken", sagt Mußler. 
Symbiose: Notino gehört jetzt zu Mußler - und umgekehrt
© Jörg Eberl
Symbiose: Notino gehört jetzt zu Mußler - und umgekehrt
Also lieber aufgehen in einem Internet-Pure-Player. Notino hat sich Mußler als Partner ausgesucht, "weil wir ein innovatives Unternehmen sind und online verstehen". Es gibt mittlerweile einen deutschen Notino-Webshop, der Mußler-Webshop ist ebenfalls noch am Netz. Notino hat dank Mußler auch Zugang zu den gehobenen Marken bekommen, bei den meisten der wichtigen Labels ist man mittlerweile offizieller Partner. "Bis 2020 wollen wir mit sämtlichen großen zehn Konzernen zusammenarbeiten", sagt Mußler.

Spätestens dann wäre die Imagekorrektur gelungen, denn der Versender stand lange unter Verdacht, Graumarktprodukte zu vertreiben. 

Notino soll ein "echter" Onlinehändler werden

 Es geht um eine Neuausrichtung des tschechischen Versenders. "Bei Notino standen bisher IT und Logistik im Vordergrund, jetzt soll das Unternehmen zu einem 'echten' Beauty Player entwickelt werden", sagt Mußler.  Das Unternehmen Mußler ist mittlerweile kleiner geworden, von bisher fünf Filialen wurden zwei an Baslerbeauty verkauft. Die Leitung des Tagesgeschäfts hat der Inhaber in andere Hände gelegt, er kümmert sich um die Notino-Expansion in Europa, die bei 17 Läden angekommen ist. Fünfzig sind das Ziel. 

Click & Collect brummt in Osteuropa 

 Notino braucht diese stationären Präsenzen – wegen des Onlinegeschäfts. In Deutschland ist das noch ein kleiner Bereich, denn etwa im Notino-Store im "Gerber" werden derzeit monatlich nur rund 500 online georderte Sendungen abgeholt.

Doch in Osteuropa brummt das Modell Click&Collect: In Tschechien und Polen liegt die monatliche Quote von Abholungen im Schnitt bei 15.000 Bestellungen, "an Weihnachten geht das hoch bis 50.000", sagt Mußler. Schnell rechnet er hoch, was es für einen Händler bedeutet, wenn von diesen tausenden Abholern nur 20 Prozent zusätzlich im Laden etwas kaufen. 

Erst Bulgarien und Polen, irgendwann auch Deutschland

 Es sind generell große Dimensionen bei Notino. Europas größter Onlinedufthändler wurde vor 13 Jahren in Brno von Michal Zámec gegründet und ist vor allem in Osteuropa die erste Adresse bei Kosmetikkunden. 2017 wurden insgesamt 310 Millionen Euro umgesetzt. Das Ziel für dieses Jahr heißt: 400 Millionen Euro. 

Die stationäre Expansion von Notino betrifft vorerst Städte wie Sofia, Warschau und Wien, weniger den deutschen Markt. Hier sind zwar neben Stuttgart neun weitere Flagshipstores geplant, doch unklar ist, wann und wo. Denn der Markt hierzulande befindet sich in einer Konsolidierungsphase, sagt Mußler. 

Notino muss in Deutschland noch bekannter werden

 Rund 400.000 Euro Investitionskosten für eine neue Filiale plus 200.000 Euro Warenbestand wollen daher gut überlegt sein. Zudem ist Notino als Nummer vier im Onlinebeautyhandel immer noch relativ unbekannt, daher der bescheidene Umsatz von 50 Millionen Euro. 
Mußler-Filiale in Stuttgart: Auch für schöne Haare
© Dittel Architekten
Mußler-Filiale in Stuttgart: Auch für schöne Haare
Die Konsolidierung des Marktes wird auch von einer Frau geprägt – Tina Müller. Seitdem sie als neue Chefin Douglas führt, wird nicht nur das eigene Unternehmen durcheinandergewirbelt, sondern die gesamte Branche. "Der Marktführer hatte den Markt nicht mehr geführt", beschreibt Mußler Douglas in der Vor-Müller-Zeit. Alles schien auf die Renditeziele der Investoren, erst Advent, jetzt CVC, ausgerichtet gewesen zu sein, weniger auf das Kerngeschäft Einzelhandel.

"Doch im Handel spielen der Kunde und die Mitarbeiter eben die entscheidende Rolle. Wer hier einen guten Job macht, kann auch die Renditevorgaben von Investoren befriedigen und nicht umgekehrt", sagt Mußler. 

Die Schmerzgrenzen bei Rabatten verschieben sich immer mehr

 Wie Douglas neuerdings den Markt beeinflusst, lässt sich daran ablesen, dass Tina Müller die Preise von 8.000 Produkten gesenkt hat – und daran muss sich die Branche orientieren. "Alle ziehen mit", beschreibt es der Unternehmer Mußler. Auch die Rabattgrenzen dürften sich noch weiter nach unten verschieben.

Bisher galten 20 bis 25 Prozent Nachlass als Schmerzgrenze, doch schon jetzt sind 30 Prozent keine Seltenheit mehr. 

Douglas greift sich Parfumdreams 

 Zudem war der Erwerb der Mehrheitsanteile an der Akzente-Parfümerie inklusive des Onlinekanals Parfumdreams  durch Douglas ein Paukenschlag, dem noch weitere folgen dürften. "Bei dieser Akquisition ist es unser Schwerpunkt, den Bereich E-Commerce besser aufzustellen", begründet Tina Müller im Gespräch mit Der Handel den Einstieg. "Wir haben immer gesagt, dass wir Akquisitionen prüfen und zugreifen, wenn sich die Gelegenheit dafür bietet. Aber es gibt jetzt keine weitere Ankündigung." 
An alles gedacht: Handy-Ladestation in der Parfümerie
© Jörg Eberl
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Bis jetzt, wohlgemerkt. Das Jahr dürfte noch einige Überraschungen wie beim Parfumdreams-Deal bringen, was den Markt weiter verändern wird. Daran ist nicht nur Douglas schuld. Schließlich gibt es ja auch den stark wachsenden französischen Giganten Sephora – und Zalando. 

Zalando in Wartestellung

 Der Onlinemodehändler ist jetzt auch im Kosmetikgeschäft aktiv, 4.000 Beautyprodukte sind bisher verfügbar, nur bei Parfüm ist der Versender noch schwach sortiert. "Die Industrie ziert sich noch etwas, aber das wird sich erfahrungsgemäß mittelfristig ändern", sagt Mattias Mußler. Schließlich haben die Hersteller strenge Vorgaben an die Warenpräsentation, online wie offline. Selektiver Vertrieb heißt das.  Das wird sich jedoch bestimmt bald lösen, denn einen derart großen Vertriebskanal wie Zalando wird kein Produzent ungenutzt lassen. "Zalando bringt vieles mit: IT, Logistikprozesse und Millionen Kunden", beschreibt Mußler den neuen Konkurrenten. "Wenn die Spaß am Thema Beauty haben, also Geld verdienen, dann wird Zalando in drei Jahren einer der großen Spieler in Deutschland sein."
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