Frank Troch führt den Münchner Herrenausstatter Hirmer. Das Münchner Traditionshaus wurde vom Lockdown mit voller Wucht getroffen, und Troch fragt sich heute noch, ob alle Maßnahmen richtig waren. Dafür hat er im Unternehmen den Gemeinschaftssinn und den Zusammenhalt genossen.



Was hat sich für Sie seit dem 16. März verändert, dem Tag, an dem die meisten Läden im stationären Handel geschlossen werden mussten?
Der 16. März war für mich – auch noch verstärkt im Rückblick – ein sehr einschneidender Tag. Mein selbstverständliches Vertrauen in unsere freiheitliche Grundordnung und in den gesunden Menschenverstand ist seitdem schon ein wenig ins Wanken geraten. Richtig Maß und Mitte zu finden ist herausfordernd, gar keine Frage, aber es gab und gibt schon recht viele für mich nicht mehr nachvollziehbare Verfügungen und Verhaltensweisen in unserer Gesellschaft seit diesem Tag. 

Wie sah danach Ihr Arbeitstag aus?
Ein Wechselspiel des Handelns – von Hoffen und Bangen bis Rechnen und Organisieren. Dies immer mit dem Ziel der Arbeitsplatzsicherung für unsere Mitarbeiter. Wir befanden uns ja in einer vollkommenden neuen Situation, da galt es – und gilt es immer noch – viel abzuklären, intern und extern, auch mit den entsprechenden Behörden. 

Hirmer-Geschäftsführer Troch: "Ich habe gelernt, Innovationen schneller durchzusetzen"
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Hirmer-Geschäftsführer Troch: "Ich habe gelernt, Innovationen schneller durchzusetzen"
Was war in der Lockdown-Zeit Ihr schlimmstes, was war Ihr schönstes Erlebnis?
Mein schlimmstes Erlebnis war die eigenhändige Schließung unseres Unternehmens am Abend des 17. März. Das war schon ein sehr prägender Moment für mich. Das schönste Erlebnis bezieht sich auf einen längeren Zeitraum. Grundsätzlich empfinde ich den Zusammenhalt und den Gemeinschaftssinn unserer Belegschaft als sehr, sehr positiv. Dies hat uns allen die letzten Wochen die notwendige Motivation gegeben, um mit voller Kraft an vielen Maßnahmen zu arbeiten, auch an der Wiedereröffnung des physischen Geschäfts unter den neuen Regelungen. 

Wie haben Sie Ihren Betrieb am Laufen gehalten?
Ein Team von Mitarbeitern aus allen Bereichen hat sich schnell zusammengefunden, um eine Taskforce zu bilden. Mit digitalen, viralen Maßnahmen in der Kommunikation haben wir den Kontakt zu unseren Mitarbeitern und unseren Kunden zu Hause gehalten. 


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Was haben Sie dabei gelernt, was hat sich bei Ihnen verändert?
Krisensituationen verstärken immer den Handlungsdruck. Einiges was man im Tagesgeschäft nicht priorisiert und in längeren zeitlichen Verläufen realisieren will kann dann sehr schnell umgesetzt werden. Mein Learning ist: Innovationen schneller durchzusetzen und allgemein noch intensiver zu kommunizieren. 

Konnten Sie trennen zwischen persönlichen Sorgen und den Sorgen ums Unternehmen?
Das ist immer das Ziel, das man dies trennen sollte. Ist aber natürlich in einer solchen Ausnahmesituation – die ja das private sowie das geschäftliche Leben betrifft – nicht wirklich realisierbar.

Wie geht es Ihnen, seitdem die Geschäfte wieder geöffnet werden dürfen?
Natürlich ist es ein sehr gutes Gefühl, wieder Kunden in unserem Haus zu haben. Die Aktivität steigert sich langsam wieder von Tag zu Tag. Auf der anderen Seite bestätigen sich nun einige Befürchtungen, in welches Dilemma uns der Lockdown langfristig gebracht hat – und dass wir noch viel Zeit und Kraft investieren müssen, bis wir wieder auf einem halbwegs "Vor-Corona-Niveau" angekommen sind. Anderseits haben und werden sich einige Chancen ergeben, die sich langfristig für uns auszahlen werden. Was wünschen Sie sich als Händler vom Staat?
Der Staat hat vieles richtig gemacht. Es wurde sehr viel kommuniziert und versprochen. Das war gut so, denn es gibt eine gewisse Sicherheit und stiftet Zuversicht. Nun ist es aber existenziell, dass den Worten auch konkrete Taten folgen und Hilfe sehr schnell auch bei allen ankommt, die sie dringend benötigen. 

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