Was im Endkundengeschäft funktioniert, sollte auch die Beziehungen zwischen Unternehmen und Geschäftsleuten festigen können. Doch die Mechanismen und Vorteile erfolgreicher B2B-Loyalty-Programme sind andere als im B2C-Geschäft.
Dabei ist das Potenzial von Treueprogrammen nach Ansicht von Marktbeobachtern enorm und der Bedarf ebenfalls. "Nur 11% aller befragten KMU sagen von sich, dass sie an einem Loyalty-Programm teilnehmen", meint Jochen Hahn, Geschäftsführer von Ingenico Marketing Solutions, unter Verweis auf eine detaillierte Studie aus dem vergangenen Jahr.

Die Customer Experience entscheidet
In der Grundmechanik unterscheiden sich diese Programme kaum von entsprechenden Angeboten für Endkonsumenten: "Für eine gute Kundenbindung ist auch im B2B-Umfeld die Customer Experience entscheidend", sagt Michael Nenninger, der für Siemens einen der weltweit größten Industriemarktplätze entwickelte und heute als Geschäftsführer von Voycer Unternehmen dabei hilft, die Bedürfnisse ihrer Kunden besser kennenzulernen.Gerade kleine und mittlere Unternehmen müssten für eine verbesserte Kundenbeziehung heute mehr als Prämien und monetäre Vorteile bieten. Dafür sollten sie verstehen, was ihren Kunden wirklich im beruflichen Umfeld weiterhilft.
In den B2B-Märkten steigen die Transparenz und die Bedeutung von Bewertungen, Empfehlungen sowie der Austausch unter den Kunden, so Nenninger. Ebenso wichtig wie kurzfristige Belohnungssysteme seien deshalb Enmpfehlungsmarketing und die konkreten Maßnahmen, um die Kundenbindung aufzubauen und langfristig zu festigen.
Cashback lohnt nicht
Allerdings unterscheiden sich erfolgreiche Maßnahmen für Geschäftskunden deutlich von entsprechenden Konsumentenvorteilen. So spielt das Sammeln von Bonuspunkten im B2B-Bereich eine viel kleinere Rolle als im B2C-Bereich.Fast 80% der befragten KMU wünschen sich einen sofortigen Einkaufsrabatt, fast ebenso viele individuell auf den Unternehmensbedarf zugeschnittene Angebote. Natürlich ist ein finanzieller Vorteil stets relevant. Wer mit B2B-Loyalty-Programmen allerdings nur auf Cashback oder Sofortrabatte setzt, könnte beachtliches Potenzial ungenutzt lassen - und möglicherweise auch Geld verschenken.
Denn Programme mit bis zu 10% Cashback oder einem entsprechend hohen Sofortrabatt, wie sie z.B. Handwerksunternehmen von Fachmärkten für die Baubranche gewährt werden, schmälern den Ertrag erheblich und binden die Kunden eher an das Loyalty-Programm als nachhaltig an den Händler. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis wird daher zu Recht immer mehr infrage gestellt.
Emotionen wecken
Gefragt sind Kreativität auf Anbieterseite und Wissen um die Probleme der Kunden. Laut Hahn können Privatkunden durch eine emotionale Ansprache und spielerische Elemente zur Teilnahme an Loyalty-Programmen motiviert werden. Die Umwandlung von Umsatz in Prämien oder Rabatte erfüllt eher eine Belohnungsfunktion.Für Fachkunden stünden Lösungen von handfesten Herausforderungen im Vordergrund. Lieferanten, die durch ihr Loyalty-Programm Probleme der Kunden lösen, schaffen so eher eine Bindung als durch kurzfristige Belohnung, ist sich Hahn sicher. So wundert es nicht, dass für rund 75% aller befragten KMU sowohl eine einfachere Reklamationsabwicklung als auch ein besseres Dialogservicelevel wichtig sind.
Konkrete Hilfestellungen sind gefragt
Und: Mehr als 60% aller Teilnehmer der Ingenico-Studie wünschen sich einen einfachen Zugang zu Fachwissensdatenbanken oder konkrete digitale Hilfestellung bei ganz praktischen Herausforderungen, etwa im Umgang mit den Produkten oder Angeboten der Lieferanten.Hoch im Kurs stehen außerdem Einkaufsmöglichkeiten auf Rechnung, verlängere Zahlungsziele oder eine Vereinfachung für die Buchhaltung, etwa durch monatliche Sammelrechnungen.
In Externe investieren
Als relevanter Vorteil wird immer das wahrgenommen, was innerhalb der Unternehmensorganisation Arbeit abimmt, Einkaufsprozesse vereinfacht oder schlicht den Cashflow optimiert. Um Entsprechendes anzubieten, bedarf es eines tiefen Wissens um die täglichen Prozesse beim Kunden.Es bedeutet aber auch eine Offenheit für die Kooperation mit externen Dienstleistern, etwa aus dem Logistik- oder Payment-Bereich, um z.B. kurzfristige Warenlieferungen zu ermöglichen oder Finanzierungsangebote zu platzieren. Eine Investition, die sich stets dann lohnt, wenn der fremde Kundenbindungsexperte günstiger ist, als Kunden einen hohen Rabatt auf den Einkauf zu geben.
Dieser Artikel erschien zuerst in Der Handel.