Immer mehr Onlinehandel heißt: immer mehr Verpackungsmüll. Dabei geht es nicht nur um Plastik. Die Kommunen fordern deswegen, dass sich Händler stärker an den Entsorgungskosten beteiligen. Vielleicht hilft ja das gute, alte Milchmann-Prinzip aus den Fünfzigerjahren, den Müllberg abzutragen. Einige Unternehmen gehen diese Herausforderung an.
Der Versand erfolgt in Berlin und Potsdam emissionsfrei per E-Auto oder Lastenrad. Da das "Kiezbett" rund 60 Kilo wiegt, Fahrradkuriere aber nur Ladungen bis 24 Kilo transportieren dürfen, wird das Bett auf drei wiederverwendbare Versandtaschen aufgeteilt. Die werden vom Kurier bei der Lieferung gleich wieder mitgenommen und bei Kiezbett wiederaufbereitet. Damit das hinhaut, wurden schon beim Design des Betts Verpackung und Transport berücksichtigt. Außerhalb Berlins senden die Kunden die Verpackung an Kiezbett zurück und erhalten im Anschluss 80 Euro Pfand wieder, Gleiches gilt für Selbstabholer. Dabei bleibt die Kiezbett-Verpackung unverpackt, da sie als Reisegepäck von der Post angenommen wird. Es werden also keine Kartonagen oder andere Einweg-Verpackungen für die Rücksendung benötigt.

Dass sich aber am Verpackungsverhalten im Onlinehandel etwas ändern muss, scheint klar. Denn geschätzte 3,5 Milliarden Versandpakete pro Jahr lässt nicht nur die Menge des Lieferverkehrs ansteigen. Mehr als 220 Kilo Verpackungsmüll produziert jeder Deutsche statistisch pro Jahr – und immer mehr kommt aus dem Versandhandel.

Fast die Hälfte des Verpackungsmülls sind Pappkartons
Schätzungen zufolge geht schon jetzt mehr als ein Viertel der Verpackungsabfälle aus PPK (Papier, Pappe, Karton) in den Privathaushalten auf den Versandhandel zurück.In den vergangenen zehn Jahren stieg die Abfallmenge aus Papier um 2,75 Millionen Tonnen an, und schon 2016 machten laut Umweltbundesamt Verpackungen aus Wellpappe und Karton mit 45% (8,1 Millionen Tonnen) hierzulande den größten Anteil am gesamten Verpackungsmüll aus. So alarmierend schon diese Zahlen klingen – die aktuellen Werte, die das Bundesamt im September veröffentlicht, dürften noch deutlich höher liegen.
Anders als das Problem Plastikmüll findet der ständig wachsende Papierabfall weniger Beachtung. Dabei werden auch bei der Herstellung und Wiederverwertung von Pappkartons Rohstoffe und Energie aufgewendet, wird CO2 ausgestoßen.

Die Entsorger sind sauer
Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) forderte schon Anfang dieses Jahres, Versandhändler stärker an den Kosten für die Altpapiersammlung zu beteiligen. Denn laut einer Studie des INFA-Instituts im Auftrag der VKU machen Verpackungen bis zu 71% des volumenbezogenen Inhalts von Papiertonnen aus. Das Problem: Viele Verbraucher machen sich gar nicht erst die Mühe Pappkartons zu zerreissen oder zusammenzufalten.Während die Kommunen für die Entsorgung von Zeitungen und Druckpapier zuständig sind, deren Mengen immer geringer werden, finanzieren die Dualen System die Entsorgung von Verpackungen, also auch Kartonagen. Bisher tragen sie durchschnittlich nur 15 bis 20% der Papierentsorgungskosten – "viel zu wenig in Anbetracht des enorm gestiegenen Verpackungsanteils", so VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. Nicht zuletzt laste so ein zu hoher Anteil der Sammelkosten auf den Gebührenzahlern.
Der Grüne Punkt und die anderen Dualen Systeme finanzieren sich über Lizenzgebühren, die ihnen die "Inverkehrbringer" von Verpackungen zahlen. Ob ein Produkt stationär oder online verkauft wird, sollte dabei keine Rolle spielen. Doch nicht alle Unternehmen zahlen überhaupt Gebühren an das Duale System.
Neues Gesetz nimmt Versender in die Pflicht
Hier soll das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) greifen, das zu Jahresbeginn 2019 in Kraft getreten ist. Es stellt klar, dass Versandverpackungen auch Verpackungen sind – und ausdrücklich auch Onlinehändler ihre Verpackungen registrieren und dafür Lizenzgebühren zahlen müssen.Laut Gunda Rachut, Vorstand der Stiftung, hat das Register eine große Zahl von "Trittbrettfahrern" aufgedeckt, die bisher keine Geühren gezahlt hätten.
Der Druck muss von den Konsumenten kommen
Ob aber eine stärkere Beteiligung der Versandhändler an den Entsorgungskosten auch ökologisch vorteilhaft ist, bleibt abzuwarten. Experten bezweifeln dies. "Die Beteiligungsentgelte schlagen oft nur im niedrigen Prozentbereich auf das Produkt oder die Verpackung durch. Wenige würden auf die Idee kommen, deshalb ihr Verpackungssystem zu ändern", glaubt Kurt Schüler, Geschäftsführer der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM).Wirksamer könnte der Druck durch die Konsumenten sein. Immerhin sagten in der "European Consumer Packaging Perceptions"-Studie von Pro Carton 2018 drei Viertel aller Befragten, dass die Umweltfreundlichkeit einer Produktverpackung ihre Kaufentscheidung beeinflusse. Mehr als die Hälfte hatten schon einmal die Marke aufgrund unnötiger oder nicht wiederverwertbarer Verpackung gewechselt.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie von PricewaterhouseCoopers. Fast jeder Dritte würde demnach sogar auf ein Produkt verzichten, weil es zu viel oder nicht nachhaltig verpackt ist. Und: Immerhin ein knappes Viertel der Befragten wäre bereit, mehr Geld für ein Produkt mit nachhaltiger Hülle auszugeben.

Umweltverträglichkeit wird zum kaufentscheidenden Faktor
"Die wachsende Sensibilität von Verbrauchern gegenüber Plastik und Verpackung prägt auch den Onlinehandel. Umweltverträglichkeit und Mehrzwecktauglichkeit werden in Zukunft entscheidende Kauffaktoren sein", teilt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) mit.Der Verband veranstaltet zusammen mit dem Verpackungshersteller Drei V im Rahmen der Messe FachPack am 26.September in Nürnberg den 2.bevh-Verpackungstag. Referenten kommen unter anderem von Otto, Thomann und der Memo AG.
Ein komplexes Thema
Gerade der Onlinehandel könnte auf aufwendige Produktverpackungen eigentlich verzichten, da diese beim Fernhandel als Verkaufsargument überflüssig sind. Also einfach weniger Verpackung? So einfach ist es nicht. Denn die Anforderungen an die Verpackung im E-Commerce sind vielfältig.Für Hersteller wie Händler sind Verpackungen auch Visitenkarte und Markenbotschafter. "Viele Hersteller verpacken ihre Ware so, dass sie sowohl über den Versandhandel als auch im Elektrofachmarkt verkauft werden kann", erklärt Kurt Schüler von der GVM. Die aufwendigen Verpackungen kommen also schon vom Hersteller.
Auch das Thema Versandverpackung ist komplex: Onlinekunden erwarten, dass ihre Bestellung nicht nur schnell und möglichst kostenlos, sondern auch unbeschadet bei ihnen ankommt. Und um hier auf Nummer sicher zu gehen, verfahren Versandhändler häufig nach dem Motto "Viel hilft viel". Jeder kennt Beispiele von Mehrfachverpackung und Unmengen an Füllmaterial.
Ein weiteres Problem: Oft halten gerade kleine Onlinehändler nur wenige Verpackungsgrößen vor, da sie diese in großen Stückzahlen erwerben. Kleine Artikel werden deshalb in überproportional großen Kartons verschickt.
Memo AG Mehrwegsystem
Nischenanbieter machen es vor
Mehrwegversandsysteme, die sich individualisieren lassen, könnten die Lösung für viele dieser Probleme sein. Und die Konsumenten stehen dem offen gegenüber. In der PwC-Studie hießen drei Viertel der Befragten den Mehrwegversand gut. Sieben von zehn Befürwortern wären sogar bereit, ein Pfand von durchschnittlich 2,49 Euro zu entrichten.Warum die Onlinebranche zwar zunehmend auf nachhaltiges Verpackungsmaterial setzt, sich aber bislang schwer damit tut, Einweg durch Mehrweg zu ersetzen, liegt auf der Hand: Der Rücktransport der Versandbehälter muss organisiert und sichergestellt werden.
Dass das funktionieren kann, zeigen heute schon Beispiele meist kleiner, von ökologischem Idealismus geprägter Onlineshops, die verschiedene Modelle entwickelt haben, von der exklusiven Kunstofftransportbox bis hin zu einem Pfandsystem für Stoffbeutel.
Die Mehrwegkiste als Markenbotschafter
Einer der erfahrensten Versender nachhaltiger Produkte ist die Memo AG aus dem unterfränkischen Greußenheim. Das Unternehmen nutzt schon seit zehn Jahren die wiederverwendbare "Memo-Box" als Alternative zum klassischen Versandkarton. Immerhin 23% der Memo-Kunden entscheiden sich für den Mehrwegversand.Die Kiste, die aus 100% Recyclingkunstoff besteht, können sie innerhalb von 14 Tagen kostenfrei zurückschicken – leer oder mit Retouren. Wer den praktischen Behälter behalten möchte, lässt die Frist verstreichen und erhält dann eine Rechnung über 19 Euro (Größe S), 25 Euro (Größe M) oder 31 Euro (Größe L).
Bei der Rücksendung kann die Box sogar mit Produktverpackungen sowie gebrauchten Produkten aus früheren Bestellungen, zum Beispiel alten Schreibgeräten, befüllt werden. Die Wertstoffe werden bei Memo sortiert und dem Recycling zugeführt.

Mehr als 200 Umläufe
"Deutlich mehr als 200 Umläufe" haben die ersten Memo-Boxen nach Unternehmensangaben bereits geschafft. Pro Jahr spare das System 25 Tonnen Kartonage ein. 2017 erhielt der Internethändler unter anderem für sein Mehrwegsystem den Nachhaltigkeitspreis der Bundesvereinigung Logistik (BVL).Die Funktion als Markenbotschafter erfüllen die auffälligen grünen Memo-Boxen dabei allemal. Und der Instandhaltungsaufwand für die Mehrwegverpackung lohnt sich auch an anderer Selle. Laut Verpackungsgesetz muss sie nämlich – anders als Einweg-Kartonagen – nicht kostenpflichtig bei einem Dualen System lizensiert werden.
Ähnliche Boxen setzen Hofläden mit regionalem Onlineshop wie das Hamburger Start-up Frischepost ein, meist auf Basis eines Pfandsystems.
Ein eigenes Mehrwegversandsystem hat der Onlineshop www.sauer-macht-gluecklich.de aufgelegt. Das Unternehmen aus Nürnberg bietet milchsauer eingelegte Gemüsespezialitäten im Glas sowie Utensilien rund um die Fermentation an. Statt mit Luftpolsterkissen ist der Versandkarton mit Hanfbahnen gepolstert. Kunden können die Hanfpolster innerhalb Deutschlands kostenfrei zurückschicken und bekommen einen Euro pro Verpackung zurück.

Das "Unverpackt"-Prinzip auf das Internet übertragen
Das Prinzip der Unverpackt-Läden konsequent auf den Onlinehandel übertragen hat der Bio-Anbieter Kornkiste (www.unverpackt-versand.de). Im niedersächsischen Coppenbrügge werden Trockenlebensmittel wie Getreide, Hülsenfrüchte oder Nudeln nach Mengen gestaffelt in Mehrwegstoffbeutel abgefüllt und diese in verschließbaren Kunstoffkisten ausgeliefert.Damit Kunden sicher sein können, dass die Versandkiste während des Transports nicht geöffnet wurde, wird diese mit jeweils drei Sicherheitsetiketten versiegelt. Die Käufer füllen die Ware zu Hause in ihre eigenen Vorratsbehälter um, geben die Versandkiste mit den benutzten Stoffbeuteln innerhalb von zehn Tagen bei einem DPD-Paketshop ab oder lassen sie für drei Euro abholen.

Pauschales Pfandsystem
Bei jeder Bestellung das Pfand zu berechnen und auszuzahlen, erschien den Machern der Kornkiste zu aufwendig. Stattdessen arbeitet man mit einem pauschalen Pfandsystem: Kunden hinterlegen bei Eröffnung ihres Kundenkontos ein Pfand in Höhe von 50 Euro. Werden Verpackungen unvollständig zurückgeschickt, wird das entsprechende Pfand anhand einer Preisliste vom Pfandkonto abgezogen und darüber eine Rechnung erstellt. Versendet wird nur, solange das Kundenkonto ein Guthaben aufweist.Eine Einlage von 50 Euro – so etwas funktioniert wohl nur bei Kunden, die von der Sache überzeugt sind. Gleichwohl: Wenn es sogar Lebensmittelversender mit ihrer empfindlichen Ware schaffen, einen Mehrwegversand aufzubauen, sollte das doch für Anbieter von Nonfoodwaren kein Problem sein.
Onlineshops, die von Einweg auf Mehrweg umsteigen wollen, müssen dafür gar keine eigenen, exklusiven Versandbehälter entwickeln. Am unkomliziertesten ist es, Versandkartonagen, zum Beispiel aus Retouren einfach wiederzuverwenden. So macht es das Modelabel Lanius. Wenn die Kunden dort während des Bestellvorgangs die entsprechende Option markieren, erhalten sie ihre Lieferung in einem gebrauchten Karton.
Ein spezielles Mehrwegsystem für Textilien bietet das 2011 in Finnland gegründete Start-up Repack Modeversendern an. Mehr als 40 Onlineshops, vorwiegend aus Skandinavien, Großbritannien und Belgien, bieten bereits den Versand in Kunstoffbeuteln, die für die vielfache Nutzung optimiert sind. In Deutschland sind es unter anderem Mudjeans und Ethnotek.

Dabei macht Repack es dem Konsumenten so einfach wie möglich: Das Rücksendesystem funktioniert weltweit, weil sich die Repacks auf Briefgröße zusammenfalten und einfach in Postbriefkästen werfen lassen.
Von der Deutschen Post sind die Beutel für den Versand ohne Aufpreis zertifiziert. Die zurückgeschickten Repacks werden in Behindertenwerkstätten gereinigt und für die nächste Nutzung aufbereitet.
Repack ist auf den Versand von Produkten in Weichverpackungen spezialisiert, hat aber auch die Tragetaschen für die Berliner Kiezbetten mit entwickelt. Die Finnen sind auch an einer Initiative beteiligt, die dem Thema Mehrweg im deutschen Onlinehandel zum Durchbruch verhelfen könnte: Keine Geringeren als die Branchengrößen Tchibo und Otto wollen den Mehrwegversand auf Alltagstauglichkeit testen, und zwar im Rahmen eines Pilotprojektes namens "Prax-Pack", das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird.
Bewährungsprobe im Massenbetrieb
Tchibo wird die Repack-Taschen nutzen, die vom Kunden an einen zentralen Dienstleister geschickt werden, der sie prüft und dem Unternehmen wieder zur Verfügung stellt. Retouren gehen in den gelben Taschen direkt an Tchibo. Otto nennt noch keine Details.Neben den beiden Großen ist außerdem Acocadostore, ein Onlinemarktplatz für faire Ökomode an dem Projekt beteiligt, das offiziell am 1. Juni 2019 gestartet ist und vom Hamburger Institut für Ökologie und Politik initiiert wurde. Weitere Partner sind die Deutsche Post DHL, der Verpackungshersteller Cargo-Plast und die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung.

Die Mehrwegtaschen müssten zudem "mindestens zwanzigmal eingesetzt werden können", wird Nanda Bergstein, Leiterin des Bereichs Unternehmensverantwortung bei Tchibo, in der Verpackungswirtschaft zitiert. Laut Repack kein Problem. Nicht wenige Taschen hätten sogar bereits 50 Reisen hinter sich.
Kiezbett hat nach eigenen Angaben seit 2016 bereits 55 Taschensets produziert. Diese seien nach wie vor unversehrt und im Einsatz. "Die wiederverwendbare Verpackung kann deshalb auch aus unternehmerischer Perspektive nützlich sein", sagt Kiezbett-Gründer Steve Döschner. Ab einer gewissen Häufigkeit der Wiederverwendung rechneten sich die anfangs höheren Herstellungskosten der Verpackung. Des Weiteren entfalle der Faktor Entsorgung.
Für Zalando ein "strategisches Thema"
Fast zeitgleich mit Tchibo und Otto hat mit Zalando ein weiterer großer Spieler einen Test mit Mehrwegtransportboxen/-taschen angekündigt, der noch in diesem Jahr beginnen soll.Bei Zalando, das nach eigenen Angaben 2020 zur "führenden Plattform für nachhaltige Mode in Europa werden will", betrachtet man Verpackung als "ein strategisches Thema" mit "Potenzial zur Markenbildung", wie Uwe Streiber, Leiter des Bereichs Verpackungsmanagement beim Modeversender, sagt.
"Sowohl die Frage nach dem Material als auch der Organisation dahinter sind aber nicht einfach zu beantworten", sagt Melanie Hultsch, bei Zalando für Unternehmensverantwortung zuständig. Aber: "Das ist für uns erst recht ein Ansporn, hier voranzukommen."
Duschbad und Kekse in der Pfandpackung
Eine Branche, der man es kaum zutrauen würde, das Thema Mehrweg im Onlinehandel anzupacken, ist der Lebensmittelhandel – sieht man einmal vom etablierten Getränkepfandsystem ab. Und doch gibt es auch dort Bewegung.
So funktioniert Loop
Die Hersteller verpacken ihre Artikel dazu in speziellen bepfandeten Gebinden, die dann über Loop zum Endkunden geliefert und auch wieder zurückgenommen, gereinigt und zur Wiederbefüllung in den Kreislauf gegeben werden. Die Verpackungen sind jeweils für rund 100 Wiederbefüllungen ausgelegt. Konkret bedeutet das, dass zum Beispiel Shampoo in einer Aluminiumflasche mit Spenderaufsatz geliefert wird.
Auch die Tasche zum Transport der Mehrweggefäße ist wiederverwertbar und wird vom Logistikpartner UPS wieder beim Kunden abgeholt.

Milka-Kekse und Aftershave von Nivea in wiederverwendbarer Verpackung - das könnte der Durchbruch von Mehrweg jenseits der Nische, in der sich Öko-Idealisten tummeln, sein.
Andererseits: Nicht nur die Lieferung der Lebensmittel, sondern auch der Rücktransport leerer Mehrwegverpackungen steigert den Lieferverkehr und damit den CO2-Ausstoß. Zumal die leeren Verpackungen dann in einem zweiten Schritt sortiert und dem jeweiligen Hersteller zur Wiederbefüllung zugeführt werden müssen. Und auch wenn die Häagen-Dazs-Eiscreme im Edelstahlpfandcontainer mit Schraubaufsatz geliefert wird, muss sie doch entsprechend mit Kühlpacks umpackt werden – ökologisch auch nicht prickelnd.
Terracycle-Gründer Tom Szaky ist aber gedanklich schon einen Schritt weiter: Zunächst sollen Kunden über den Onlineshop von Loop bestellen, später auch über Händlerwebsites, und Phase zwei sieht die Integration in die stationären Läden der Handelsunternehmen vor. Kunden könnten dann die Mehrwegverpackungen – wie hierzulande schon bei Getränken üblich – beim nächsten Einkauf in Containern abgeben.

Die "müllfreie Einkaufsplattform" sei "die Zukunft des Konsums", wird der Visionär Szaky in der New York Times zitiert. Die Wirtschaft müsse vom Einweggedanken Abschied nehmen – und stattdessen das "Milchmann-Prinzip" der 1950er-Jahre wiederbeleben. Denn die Idee hinter dem Ganzen ist ja nicht neu. Damals blieb die Milchflasche Eigentum der Molkerei, die ihre Glasverpackung lieferte, wieder abholte und neu befüllte.
Auch bei Loop (engl. Schleife) soll ein Pfandsystem dafür sorgen, dass die Kunden die Mehrwegverpackungen wieder in den Kreislauf zurückleiten. Die Spanne reicht bei "Ma Boutique Loop"von 25 Cent für eine Coke-Flasche bis zu 47 Euro für eine kleine Plastiktonne zur Rücknahme gebrauchter Windeln.
Dass Szakys Konzept den Milchmann wiederbelebt, stimmt freilich nicht ganz – denn in England und den USA feiert dieser dank des Internets schon seit einigen Jahren ein Comeback . Das Prinzip nun im E-Commerce auf möglichst viele Waren zu übertragen, ist die Herausforderung. Die zahlreichen Ideen und Pilotprojekte machen jedenfalls Hoffnung.