Das Auto als Briefkasten? Die einst belächelte Idee vom Kofferraum als Paketstation wird langsam Realität. 2019 will VW den Service „We Deliver“ in ausgewählten Serienmodellen anbieten. Es ist nicht der erste Versuch dieser Art. Hier sind die spannendsten Einpackversuche.
Wer Logistik-Manager nach Kofferraumbelieferung befragt, der erntet meist ein mitleidiges Lächeln.
Zu beweglich sei das Auto, weil dann der Lieferant dem Pkw hinterherfährt. Zu viele Probleme gebe es, ans Fahrzeug zu gelangen, wenn das in einem Parkhaus steht. Da sind so die Gegenargumente aus einer Branche, die nicht vom fixen Lieferpunkt lassen möchte.
Doch meistens ist es ja so: Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's gemacht. Die Autoindustrie beispielsweise, die sich mehr denn je als
digitaler Mobiltätsdienstleister versteht und nach Wegen sucht, dem Kunden das auch praxisnah zu zeigen.
etailment Klassiker
Trotz Tempo-Wandel sind manche guten Dinge länger wertvoll. Kluge Studien, sinnvolle Tipps, brauchbare Tools. Deshalb präsentieren wir Ihnen die besten zeitlosen Artikel von etailment in loser Folge.
Aber gehen wir einen Schritt zurück: Zumindest der schickste Prototyp der rollenden Paketstationen war die 2013 auf dem Genfer Autosalon vorgestellte
"Fashion Concept Car" von Zalando. Neben viel mobilem Klickibunti für den Mobile Commerce der Zukunft, war das Auto auch als mobile Umkleidekabine gedacht.
© Zalando / Frank Herzog
Kofferraum-Studie von Zalando
Die Lieferung des Pakets sollte automatisch via GPS-Koordination des Fahrzeugs erfolgen und die Artikel sollten in die integrierte Paketstation im Kofferraum gelegt werden. Das Auto parkte aber nie beim Kunden.
Zalando Fashion Car
Spulen wir in das Jahr 2018 vor: Wie immer hinkt Deutschland heute hinterher. In 37 US-Städten können Prime-Kunden von
Amazon, so sie denn mit neueren vernetzten
GM- oder Volvo-Modellen fahren, nun den Service "Key In-Car" nutzen.
Amazon Key In-Car – First Customers
Dabei konnte man vorgewarnt sein. Schon 2015 testete
Amazon in Deutschland die Lieferung von Bestellungen in den Kofferraum der Kunden. Das Pilotprojekt in der Nähe von München war eine Zusammenarbeit mit
Audi und DHL.
© DHL
Testpartner: Audi, DHL und Amazon
Ein Jahr früher bereits war Autobauer
Volvo mit einer Studie zum Auto als Paketstation unterwegs und führte die Fähigkeiten seiner neuen Technik Volvo Sensus Connect vor, mit dem sich das Auto auch vom Fahrer per App auf der Smartphone öffnen lässt. Später wurde daraus ein Großversuch mit der schwedischen Post.
Introducing Volvo In-Car Delivery In Sweden
2016 schauten sich
DHL Paket und Smart (Daimler) erstmals an, wie sich 4 Räder als überdimensionierter Briefkasten machen. In mehreren deutschen Städten läuft der erweiterte Markttest inzwischen unter realitätsnahen Bedingungen. Der Logistiker
Liefery, eine seit 2015 zu Hermes gehörende Technologie- und Serviceplattform für Same Day und Express Delivery, testete erstmals im Herbst 2017 die Kofferraum-Lieferung in den Smart-Kofferraum. Nachteil hier, wie auch bei ähnlichen Lösungen, das Auto braucht eine Connectivity Box, quasi ein kleiner Funkkasten für die Kommunikation. Die ermöglicht dem Boten über eine App und einen Code den Zugang. Übrigens: DHL bietet interessierten Nutzern auch eine
umfangreiche FAQ-Liste für die Koffererraumlieferung jenseits des üblichen PR-Geklingels. Ein Zeichen dafür, dass man hier schon stark Richtung Kunde denkt.
smart „ready to drop“ – macht den Kofferaum zur Paketbox
Experimentiert wird zudem europaweit: Seit Frühjahr 2018 können
LeShop-Käufer in der Region Genf, Lausanne, Bern und Zürich die neue Option der Kofferraumlieferung nutzen – so man einen
Volvo fährt.
LeShop-Einkäufe kommen in den Volvo
Die VW-Tochter
Seat testet in Barcelona die Zustellung von Paketen in den Kofferraum. Partner bei dem Konzept
Droppit sind der spanische Parkhausbetreiber
Saba, Online-Supermarkt
Deliberry und der Kurierdienst
Glovo. Bei dem Test muss der Autofahrer aber seinen Fahrzeugschlüssel im Parkhaus abgeben.
VW ist in Sachen Kofferraum-Station ohnehin gerne dabei. Beispielsweise auch mit
Outfittery. Der Curated Shopping-Anbieter belieferte testweise ausgewählte Teilnehmer mit
VW Polo in Berlin. Praktisch: Retouren oder andere frankierte Pakete können vom Paketzusteller gleich mitgenommen werden. Die Testphase ist vorbei. 300 Berlinerinnen und Berliner haben den VWService "We Deliver" getestet. Erkenntnis:
Die Nutzer wünschen sich diesen Service beispielsweise auch für die Abholung und Lieferung der dreckigen Wäsche. We by Volkswagen Deliver
MEHR ZUM THEMA:
© Amazon
Logistik
Paketstationen - Rettung vor dem Kollaps auf der letzten Meile?
Haben Sie schon Weihnachtsgeschenke gekauft? Online? Diese Frage muss man früh genug stellen. Denn Ende 2017 schrammte die Logistik noch so gerade am Kollaps vorbei. Späte Bestellungen werden in diesem Jahr zur Hochrisiko-Gruppe gehören. Tendenz: Es wird eher noch schlimmer. Mehr lesen
© Kirsty Pargeter - fotolia.com
Logistik
Wie lange brauchen wir eigentlich noch DHL, Hermes, DPD und Co?
Je häufiger man mit Mitarbeitern großer Logistikkonzerne zusammentrifft, umso mehr erinnern sie einen an Manager, die so auch bei Blockbuster, Kodak oder anderen Unternehmen ihr Auskommen gefunden hätten. Blockbuster, Kodak – sie wurden von der digitalen Transformation hinweggeweht. Könnte das auch DHL, Hermes und Co passieren? Mehr lesen
© DPD
Fuhrpark & Logistik
5 Szenarien: So autonom kommen die Pakete ab 2020
Die Experten sind sich einig: Die mobile Zukunft ist digital und autonom. Vernetzte und selbstfahrende Fahrzeuge werden nicht nur den Individualverkehr, sondern auch das gesamte Transportwesen grundlegend verändern. Doch welche Szenarien könnten in den kommenden Jahren Realität werden? Mehr lesen