Check-in wie am Flughafen, kein Sortiments-Overkill und geheimnisvolle Schränke in der Umkleidekabine. Der neue Hamburger Laden des Onlinehändlers Bonprix testet eine neue Form des stationären Einkaufens, bei dem das Smartphone der Steuerknüppel ist. Etailment hat sich vorab umgesehen.
Nicht weniger als ein radikal neues Einzelhandelskonzept verspricht der Modeversender aus der Hamburger Otto-Gruppe für seinen neuen Laden in der Hamburger Mönckebergstraße. Ab Donnerstag (14.) sollen die Kundinnen erleben, wie modern man einkaufen kann. "Fashion connect" heißt das Ganze, das klingt nach dem üblichen Technikgedöns, mit dem derzeit viele Händler ins digitale Zeitalter aufbrechen.
Bonprix-Laden: Einkaufen per Smartphone
Frieda saust ins Lager
Und dann gehts los. Erst mit dem Smartphone und der überarbeiteten Bonprix-App im Laden einchecken - wie auf einem Flughafen. Dann Produkte einscannen und Größe wählen. Wenn man fertig ist, blinkt auf dem Smartphone-Display eine Comicfigürchen namens Frieda auf, die lustig mitteilt, dass sie jetzt ins Lager saust, um die Sachen zu holen. Kurz danach bekommt Kundin mitgeteilt, in welcher Umkleidekabine Frieda alles ablegt. Vorgesehen ist, dass niemand länger als fünf Minuten warten soll, bis das Sortiment bereit ist zum Anprobieren.Wie im Hotel-Spa
Generell erinnert das Untergeschoss an den Eingangsbereich zu einem Hotel-Spa, dafür sorgen Gestaltung und das viele Hummerfarben, für die Berliner Architekt Dan Pearlman verantwortlich zeichnet. Hier sind auch die Click & Collect-Abholboxen installiert, denn Bonprix-Kundinnen können sich hierher auch ihre daheim bestellte Ware schicken lassen - und retournieren. In der Kabine wiederum kann per interaktivem Spiegel das Kleid oder die Hose in der passenden Größe angefordert werden, falls das ausgewählte Textil kneift oder schlabbert. Per besagtem Heinzelmännchen-Prinzip gelangt es dann in den Zauberschrank, so schnell wie möglich. Niemand kommt mehr in die peinliche Situation, halbnackt durch den Laden zu sprinten, um sich ein mutmaßlich passendes Teil zu greifen.
Der Laden auf der Mönckebergstraße hat in vielerlei Hinsicht nicht mehr viel zu tun mit den acht anderen Bonprix-Filialen in Deutschland. Erstens ist er nur 600 Quadratmeter groß (die anderen bis zu 1.000), und es wurde zuvor im Labor geforscht, wie er aussehen muss.
Dafür hat Bonprix Hunderte Kundinnen befragt (auch hier wird eine genau Zahl nicht mitgeteilt) und dabei herausgefunden, was im Allgemeinen stört beim Einkauf in Modegeschäften: Es mangelt an authentischer Begrüßung. Die Läden sind vollgestellt mit Ware. Die Mitarbeiter sind vor allem mit dem Sortiment beschäftigt, weniger mit den Kunden. Im "Fashion connect"-Laden gibt es insgesamt 16 Mitarbeiter, neun arbeiten auf der Fläche, die sieben im Lager stehen unter Heinzelmännchen-Verdacht. "Das Personal soll dafür sorgen, dass hier eine schöne Atmosphäre herrscht", sagt Daniel Füchtenschnieder.
So funktioniert der Bonprix-Laden in Hamburg
Jede Woche ein neues Thema
350 Artikel stehen zur Auswahl, jeder wird nur einmal auf der Fläche abgebildet, der Rest von den Heinzelmännchen im Lager bewacht. Jede Woche wird ein neues Thema erfunden, dafür ein altes gestrichen. Und alle acht Wochen wird das komplette Sortiment neu abgemischt.Bonprix-Laden: So kauft die moderne Frau Mode

Klar ist aber, dass es hier um "radikale Kundenzentrierung" geht, wie es Retail-Chef Füchtenschnieder formuliert. Dazu gehört für ihn, dass die Kundin nicht angebrüllt wird mit: Los! Kauf! Mich! Die Frauen sollen auch einfach so hereinkommen dürfen, eine Fruchtschorle trinken und bisschen herumgucken. Beim Sortiment ist weniger mehr. "Die Ware soll wirken", erklärt Füchtenschnieder das Konzept der nicht vollgestopften Fläche.
Den Rest erledigen Frieda und ihre Heinzelmännchen.