Mobile Kassen, Platz für die Online-Bestellabwicklung, Selbstbedienungs-Terminals, mehr Technologie an jeder Regalecke. Der Einkaufsraum verändert sich langsam, aber sicher und öffnet sich damit für andere Nutzungen und Erfahrungswelten. Ein Element spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Noch mehr Automatismus erproben die Schweizer Kioskbetreiber Valora und die Migros. Valora testete im Frühjahr am Hauptbahnhof Zürich mit der Avec Box einen automatischen Mini-Convenience-Store, will das Modell ausbauen.
Migros-Tochter Migrolino will nachziehen und plant Winz-Läden, die tagsüber mit Personal besetzt sind und nachts zu einer Selbstbedienungsstation werden, die man nur mithilfe der Migrolino-App betreten kann.
Die Shopping-Box von Valora
Beispiel Tesco: Die britische Supermarktkette arbeitet offenbar an einer eigenen Amazon-Go-Variante. Laut The Telegraph arbeitet die Kette mit dem israelischen Start-up Trigo Vision zusammen, um eine mit Künstlicher Intelligenz betriebene Serie von Kameras zu entwickeln, die in automatisierten und kassenlosen Märkten gucken und rechnen, was der Kunde so in den Einkaufswagen packt. Trigo Vision arbeitet bereits an einem ähnlichen Projekt mit Israels führender Supermarktkette Shufersal, die ihre Technologie in den kommenden Monaten in 272 Filialen des Landes einsetzen will.
Begehbare Verkaufsautomaten, das war auch bei Amazon Go nicht anders, fallen aber zunächst noch mit einigen Kinderkrankheiten auf. Fatal. Um hilfreich zu sein, sollte die Technologie für den Kunden von Beginn so bequem nutzbar sein, dass er sie gar nicht mehr bemerkt.
Digitale Technologie muss nämlich nicht nur Bequemlichkeit bieten, sondern auch bequem sein. Dann akzeptiert sie auch der Kunde. So das Ergebnis der mehr als ergiebigen Studie "Handel mit der Zukunft" von ECC Köln und Otto Group.
Bequemlichkeit entscheidet über die Nutzung
Die sieht eine intensivere Nutzung derzeit vor allem bei Diensten wie Liefer-Tracking (85% der Befragten), Bildsuche (26%) und SB-Kassen (40%). Im Kern werden, so die Studie, Convenience-Dienste häufiger genutzt als Inspirationsangebote. Einige hochgejazzten Tech-Trends kennt der Kunde zudem kaum.So zahlen gerade einmal 16% der Befragten zumindest manchmal mit dem Smartphone. Nur 10% nutzen Abo-Bestellungen und 8% haben Voice Commerce ausprobiert. Einen Live-Chat für Servicefragen haben immerhin schon 14% eingesetzt. Virtual Reality/Augmented Reality bringt es gerade einmal auf 4%. Außerdem will der Kunde nicht nassforsch ausgehorcht werden, wenn das mit der digitalen Beziehung klappen soll.

Also lohnt doch schon mal ein Blick auf die "Black Mirror"-Welt in China, um zu sehen, was da noch auf uns zukommt. Weil Bequemlichkeit nämlich immer wieder Datenschutzbedenken aussticht.
Beispiel Hema: An ausgewählten Standorten der niederländischen Kaufhauskette Hema beziehungsweise mittlerweile Freshippo, gibt es kassenlose Supermärkte von Alibaba. Dort können Käufer an speziellen Face-Scanning-Kiosken per Gesichtserkennung bezahlen. Käufer haben auch die Möglichkeit, über die Hema-App auszuchecken, die mit Alipay, der mobilen Zahlungsplattform von Alibaba, verbunden ist.
Die App protokolliert auch ihre Einkäufe, speichert ihre Lieferadresse und Präferenzen und ermöglicht es ihnen, Artikel zu scannen, um mehr Informationen zu erhalten, einschließlich Produktherkunft, Nährwertangaben und Kochanleitungen. Auch Rivale JD experimentiert mit automatisierten Läden, dampft die Projekte aber nach Meinung von Marktbeobachtern wieder stark ein.
Buying Food with Facial Recognition in China
Dafür muss man natürlich teilen wollen. Und das möglichst einfach und bequem. Das können auch deutsche Händler.
Die Modekette Adler packt ihre Daten in die Cloud, damit auch die Lieferanten einen schnellen Zugriff haben. Beim Data-Sharing kooperiert Adler unter anderem mit dem Start-up Aifora. Bessere Planung macht es am Ende ja auch wieder dem Kunden bequemer. Ohne das der davon etwas merkt.
Denn genau um Bequemlichkeit, nicht um einen Bling-Bling-Zirkus, geht es bei der Customer Experience wirklich: Es geht eben nicht nur darum, mithilfe von Technologie das Einkaufserlebnis zu verbessern und bequemer zu machen. Es geht darum, alle Kunden gleichermaßen an allen Touchpoints gleichermaßen glücklich zu machen. Und da wird es - übrigens - auch noch ganz lange Kunden geben, die auf die eine oder andere Art und aus unterschiedlichen Gründen nach einem Mitarbeiter rufen. Auch das ist nämlich eine Frage der Bequemlichkeit: Das Angebot, ansprechbar zu sein.