Fragt man Shopbetreiber nach ihren größten Sorgen, werden mit Sicherheit viele das Thema Retouren nennen. Die Fashion-Branche trifft es zum Beispiel besonders hart. Händler mit Rücksendequoten von mehr als 60 Prozent sind hier keine Seltenheit. Felix Schirl, Geschäftsführer und CEO der auf Onsite-Personalisierung spezialisierten trbo GmbH, gibt in diesem Gastbeitrag sechs Tipps, mit denen sich (nicht nur bei Bekleidung) die Retourenquote senken lässt.

1. Aus den Erfahrungswerten anderer User schöpfen
Einer der häufigsten Gründe für Retouren: Das Produkt passt nicht. Es ist entweder zu groß oder zu klein. Hier können Größenberater Abhilfe schaffen und den Kunden schon beim Shoppen die Auswahl des richtigen Kleidungsstücks erleichtern. Diese können mehr oder weniger aufwändig gestaltet werden. Die einfachste Möglichkeit: auf Erfahrungswerte anderer User zum Produkt zurückgreifen und den Kunden anzeigen. Diese können aus früheren Retouren oder auch aus (Onsite-)Userbefragungen zum Produkt gezogen werden. Haben viele Kunden angegeben, dass der Artikel ungewöhnlich groß ausfällt, sollte man das prominent zeigen, damit nicht noch mehr Käufer diese Erfahrung machen. Dies kann beispielsweise durch das Einblenden eines kleinen Hinweises neben dem Produkt geschehen.

Einblendung eines Hinweises auf die Passform
© erlich textil
Einblendung eines Hinweises auf die Passform


2. Größenberater in verschiedenen Formen auf der Website einbinden
Einen Schritt weiter gehen Größenberater. Hier werden direkt die Körpergröße und weitere wichtige Maße abgefragt. Idealerweise zeigt man den Nutzern dazu, wie sie richtig Maß nehmen. Am Ende wird dann die jeweils passende Größe für den einzelnen User angezeigt. Natürlich sollten die Nutzer solche Größenberater auch gut auf der Seite finden. Sie können zum Beispiel direkt bei der jeweiligen Größenauswahl auf der Produktdetailseite eingebunden werden und sich dann per Klick als Overlay oder Fragestrecke öffnen.
Einblendung eines Hinweises, wie der Größenberater funktioniert.
© vertbaudet
Einblendung eines Hinweises, wie der Größenberater funktioniert.

Wer die Ressourcen nicht hat, einen solchen Größenberater auf der Website einzubauen und nicht auf externe Tools zurückgreifen möchte, kann einen etwas vereinfachten Weg gehen und die Größentabelle beziehungsweise den statischen Größenberater nutzen. Hierbei wird auf eine Tabelle mit Maßen verlinkt, die der User nutzen kann, um die richtige Größe für sich abzulesen.

3. Bei Unsicherheiten eine persönliche Beratung ermöglichen
Einigen Usern wird es dennoch zu aufwändig sein, sich durch Fragestrecken zu klicken oder selbst Maß zu nehmen. Bei manchen Produkten ist das auch nicht möglich. Wer sich hier unsicher ist, wird dann meist den Kundenservice des Shops kontaktieren. Und diese Kontaktdaten sollten einfach zu finden sein. Auf Produktdetailseiten bietet es sich an, die Telefonnummer und Kontaktmöglichkeiten des Kundenservice in einem Overlay zu platzieren.
Einblendung der Kontaktinformationen zur Bestellung & zum Kundenservice
© AppelrathCüpper
Einblendung der Kontaktinformationen zur Bestellung & zum Kundenservice

Bietet der Shop vielleicht sogar eine besondere Form der Beratung wie einen Echtzeit-Chat oder Videoberatung mit Mitarbeitern des Kundenservice an? Dann machen Sie Ihre User darauf aufmerksam! Denn mit einem solchen Service können sich Shopbetreiber von der Konkurrenz abheben und Nutzern mit Rat und Tat zur Seite stehen. So lassen sich erste Zweifel am Produkt ausräumen und gemeinsam mit den Nutzern klären, ob das Produkt den Vorstellungen entspricht, oder ob es ein (besseres) Alternativprodukt gibt.

4. Viele Infos zum Produkt anbieten – und zwar gut sichtbar
Wer seinen Usern vorab so viele Informationen zum Produkt wie möglich anbietet, kann wichtige Retourengründe vor der Bestellung ausmerzen. Denn oft fällt erst zu Hause auf, dass das Hemd einen gewissen Glanz hat, den ein Baumwollhemd so nicht hätte. Oder dass der Schnitt der Hose sehr skinny ist. Wenn der Nutzer aber eher auf Bootcut steht, wird er beim Auspacken der Lieferung sicherlich enttäuscht sein und das Produkt womöglich zurückschicken. Nicht umsonst ist "Stimmt nicht mit der Beschreibung überein" ein Retourengrund, den man standardisiert beim Rücksenden auswählen kann.


5. Wenig Retouren belohnen
Viele Retouren wären vermeidbar – und viele User erkennen das auch. Diese User sollte man belohnen, denn sie bringen dem Shop nicht nur Umsatz, sondern sparen dem Shopbetreiber auch Zeit und Geld. Zumindest ab und zu kann ein Teil der Ersparnis in eine verbesserte Kundenbindung investiert werden. Hierzu sind Gutscheine ein probates Mittel. Hat ein User in einem bestimmten Zeitraum besonders wenige oder gar keine Artikel retourniert? Dann kann man diese Form der Treue mit einem Gutschein für den nächsten Einkauf belohnen. Angezeigt werden kann dies auf der Website beispielsweise über ein Overlay, das erscheint, sobald sich der User in den Account einloggt. Oder man fährt eine Newsletter-Kampagne auf der Website. Hier kann man beim Klick-In aus dem Newsletter sogar zum Dank Luftballons oder Konfetti auf der Seite fliegen lassen. Das bleibt dem User sicherlich noch mehr im Gedächtnis, als lediglich der Gutschein. Dieses Erlebnis (und natürlich auch gerne den Rabatt) möchte man immer wieder haben und wird vermutlich auch in Zukunft weniger Produkte zurückschicken.
6. Personalisierte Recommendations
Natürlich sollte man neben Informationen zu den Produkten, (Video-)Chats und Größenberatern auch an die passenden Produktempfehlungen denken. Denn diese bilden einen wichtigen Beratungsaspekt auf der Website. So finden die Kunden direkt, was ihnen gefällt und was zu ihnen passt. Bei der Ausspielung können smarte Algorithmen einer Recommendation Engine nützlich sein. Denn sie beziehen das User-Verhalten, die Interessen und bisherigen Berührungspunkte mit der Website in die Berechnung der Produktempfehlungen mit ein. So werden nicht nur die Topseller des Shops gezeigt, sondern genau die Produkte, die zum User und seiner Customer Journey passen.

Es gibt also schon auf der Website verschiedene Möglichkeiten, eine große Zahl von Retouren zu vermeiden. Neben diesem Aspekt punktet die Website aber auch bei den Nutzern durch das Plus an Beratung – und die werden es hoffentlich mit vermehrten und immer wiederkehrenden Käufen und einer hohen Kundenbindung im Shop danken. Welche Maßnahmen besonders gut funktionieren und wo die Kunden vielleicht sogar durch die zusätzlichen Services überfordert werden, lässt sich durch A/B- und Multivariaten-Tests herausfinden. Denn manchmal ist weniger eben doch mehr – nicht nur bei Retouren.




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