Was ist Otto froh, SportScheck endlich los geworden zu sein. Und der neue Eigentümer Karstadt Kaufhof ist froh, ein bisschen mehr an Muskelmasse zugelegt zu haben. Das sorgt für einen weiter verschärften Konkurrenzkampf im Sportartikelmarkt, in dem der Fachhandel immer mehr kämpfen muss.

Wenn Alexander von Preen schlechte Laune haben will, dann muss er jetzt nicht mehr weit fahren. Von seinem Büro in der Wannenäckerstraße in einem Industriegebiet in Heilbronn bis zum Berliner Platz sind es mit dem Auto gut 15 Minuten, und dann steht von Preen vor einem seiner größten Probleme: eine neue Decathlon-Filiale. Und das noch in seiner Stadt! Quelle insolence! Comment osent-ils ces Français?


In Schuss: Der Januar war für Intersport ein guter Monat.
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Sportartikelhandel

Intersport - Der Marktführer hat eine verwegene Vision

Heilbronn, das ist Intersport. Und das sollen auch manche Redakteure in der Lokalzeitung erfahren haben, wenn sie mal nicht so berichtet hatten, wie es in der Verbundgruppen-Zentrale in der Wannenäckerstraße gerne gelesen wird. Hört man.

"Wir sind jetzt in eurer Stadt"

Es ist nicht bekannt, was Intersport-Chef von Preen durch den Kopf gegangen war, als diese gierigen Franzosen vor wenigen Tagen auch in seiner Stadt eine ihrer lagerhallenähnlichen Sportartikelfilialen aufgemacht haben mit Preisen, vor denen ein Fachhändler nur kapitulieren kann. 

Intersport-Chef von Preen: Die Vision von 8 Prozent Rendite
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Intersport-Chef von Preen: Die Vision von 8 Prozent Rendite
Decathlon in Heilbronn, das ist maximale Symbolik mit der Botschaft: "Seht her, ihr Verbundgruppenleute, wir sind jetzt auch in eurer Stadt. Sie dürfen jetzt gerne weinen." In den zurückliegenden zwei Jahren hat Decathlon in Deutschland 30 neue Filialen eröffnet, es gibt kaum ein Unternehmen im europäischen Einzelhandel, das so rasant expandiert. Entsprechend knallen die deutschen Umsätze nach oben: 528 Millionen Euro erlösten die Franzosen im Jahr 2018, das war ein Plus von 21%.

Nike diktiert die neuen Bedingungen

Es ist kein gutes Jahresende für Intersport, denn viel zu viel kam zusammen. Erst hatte Lieferant Nike das Skonto gestrichen, gleichzeitig die sogenannte Grundkalkulation verschlechtert. Das ist der Unterschied zwischen Verkaufs- und Listenpreis. Und diesen Listenpreis für Produkte hat der US-Sportartikelhersteller erhöht.


Zeit der Kämpfer: Der Sportfachhandel hat es immer schwerer
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Sportfachhandel

Angriff von Amazon und Decathlon: Warum nicht nur die Intersport-Händler kämpfen müssen

Das ist gut für Nike, aber schlecht für die Intersporthändler, die durch diese Maßnahmen gezwungen werden, eben mehr Artikel mit dem Swoosh zu verkaufen - und besser weniger solche mit den drei Streifen von Adidas. (Unter vergleichbarem Druck dürften übrigens auch die Verbundgruppen-Konkurrenten von Sport2000 stehen.)

Dann die Decathlon-Filiale im eigenen Vorgarten.

Und am Donnerstag gleich zwei schlechte Nachrichten: Der bisherige Finanz- und IT-Chef Hannes Rumer mag nicht mehr mitmachen und hört vorzeitig zum 31. März 2020 auf. Für den knorrigen Österreicher mit Wohnsitz in München mit dem möglicherweise nicht karriereförderlichen Hang, seine Mitarbeiter auch in der Vorweihnachtszeit ehrlich über die wirklichen Zahlen von Intersport zu informieren, muss nun ein Nachfolger für den Vorstand gefunden werden. Das wird auch wieder Geld kosten, was anderswo dringender gebraucht wird. Wieder einer weg, wieder muss ein Neuer her. Rein, raus, rein, raus. Man verliert bald den Überblick bei Intersport.

Das Benko-Prinzip: Kaufen ohne zu bezahlen

Die noch schlechtere Nachricht ist: Galeria Karstadt Kaufhof (bekannt als GKK) erlöst die Otto Group von seiner lahmenden Tochter SportScheck und übernimmt das Unternehmen mit seinen 17 Filialen. Bei Otto soll ja man so traurig über den Verlust gewesen sein, dass man GKK gleich noch eine Mitgift in zweistelliger Höhe ins Einkaufskörbchen gelegt haben soll, wie das "Manager Magazin" erfahren haben will.

Das wäre nicht überraschend.

Denn in der Handelsbranche spricht man ja gelegentlich davon, dass René Benko, dem mit seiner Signa Retail GKK gehört, gerne kauft, "ohne zu bezahlen". Motto: "Ich erlöse Sie gerne von Ihrem Problem. Aber Sie müssen mir schon entgegenkommen."

Für Intersport bedeutet dieser Deal, dass ein bisheriger Konkurrent an Muskelmasse gewonnen hat, denn mit SportScheck ist der GKK-Sport-Umsatz jetzt sogar größer als der von Decathlon Deutschland. Allerdings ist die Genossenschaft im deutschen Sportartikelhandel immer noch die klare Nummer eins bei Umsatz (rund 2,85 Milliarden Euro 2018) und mit Standorten (etwas mehr als 1.400 Läden).

Decathlon gewinnt, die anderen verlieren

Doch diese 2,85 Milliarden Euro bedeuteten eben ein Minus von 3% auf dem deutschen Markt, ein historisches Ereignis. Der Fachhandel verliert, weil Karstadt Sports gewinnt, weil Decathlon gewinnt - und weil online Zalando gewinnt. Da helfen auch nicht die Beschwörungen, dass Decathlon nur Eigenmarken verkauft und deswegen der markenaffine Sportsfreund lieber in den Fachhandel geht.

Quatsch. Das Umsatzplus von Decathlon beruht darauf, dass es anderswo ein Minus gibt.

Der GKK-Scheck-Deal tut Intersport umso mehr weh, als das hier ein ehemaliger Partner einen (noch) aktuellen kauft. Anderthalb Jahre währte die Kooperation Karstadt/Intersport, am 30. Juni dieses Jahres war Schluss. "Die Beendigung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Intersport ist eine Folge unserer größeren Zahl von Filialen und Abteilungen und der daraus resultierenden neuen Einkaufskompetenz", sagte Karstadt-Sports-Chef Jens Dunkel damals. 

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Das kann man auch so interpretieren: "Wir haben 18 Monate über Intersports Zentralregulierung ordentlich Ware abgerechnet und dabei gute Einkaufskonditionen kennengelernt. Und deswegen machen wir es jetzt selbst." Dass es für dieses mächtige Einkaufsvolumen zudem noch eine ordentliche Rückvergütung in siebenstelliger Höhe gab, dürfte den Erfolg dieser Partnerschaft abgerundet haben.

Die Genossen werden sich freuen

Nun holt sich Karstadt auch das SportScheck, und das ist nicht nur ein Intersport-Partner, sondern ein richtiges Mitglied, das bisher aufgrund der großen Warenmenge für jährlich 1 bis 2 Millionen Euro Gewinn bei der Verbundgruppe gestanden hat. Dass SportScheck als GKK-Tochter länger bei Intersport bleiben wird als nötig (30. September 2020), ist nicht zu erwarten. Zack, könnte die schöne Einnahme bald weg sein, und die Konkurrenz würde ab dann noch größer. Die Intersport-Genossen werden sich freuen, weil es den finanziellen Spielraum ihrer Zentrale weiter verringert.


Kim Roether: Aus bei Intersport
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Abpfiff vor dem Anpfiff: Kim Roether verlässt Intersport

Sie freuen sich ja schon eine Weile, weil die Kosten für die Sanierung der Intersport-Tochter Voswinkel sozialisiert wurden. Sprich, jedes Mitglied muss dafür mitblechen, dass die Zentrale ihre Regiebetriebe abgewirtschaftet hat. Kein Wunder, dass da letztens einige deutsche Händler ernsthaft darüber nachdachten, ihre Kooperation zu verlassen.

8 Prozent Rendite? Hauptsache, Vision!

Niemand glaubt ernsthaft mehr daran, dass von Preens schillernde Vision, die Renditen seiner Händler auf 8% zu hieven, in diesem Jahrhundert in Erfüllung geht. 8% würden eine Vervierfachung des aktuellen Status' bedeuten - und das in einer Zeit, in der Intersport immer mehr den Atem der Konkurrenz spürt und die Industrie das Spieltempo erhöht, um mal in billigen Sportjargon zu verfallen. 

Steffen Gerth, Redakteur bei Etailment und Der Handel
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Steffen Gerth, Redakteur bei Etailment und Der Handel
Gut, die Vision von SportScheck-Chef Markus Rech ("wir wollen das Booking.com des Sports werden") ist auch recht verwegen, aber irgendetwas Großes muss man ja sagen, wenn man von einem zum nächsten Eigentümer gereicht wurde. Mal ein Statement setzen, wie von Preens 8%.

Gutes Gummersbach: Dort gibts keinen Decathlon

Warum sich GKK SportScheck gekauft hat, dürfte auch an der Onlinekompetenz der bisherigen Otto-Tochter liegen, die fast die Hälfte ihres Umsatzes im Internet erzielt. Das erinnert an den klugen Schachzug von Douglas, sich die Akzente-Parfümerien inklusive dem starken Onlineshop parfumdreams.de zu kaufen.

"Wir müssen wieder qualitativ und quantitativ wachsen, um daraus Erträge zu erzielen, die wir wiederum in andere Themen investieren können. Es kommt nicht unbedingt auf die Höhe der Investitionen an, sondern vielmehr auf die richtige Analyse, um damit eine Punktlandung hinzulegen", hatte von Preen einst bei Der Handel gesagt.

Wie das mit dem Wachstum aussieht, wird der Intersportchef in gut zwei Monaten erläutern, wenn er auf der Internationalen Sportartikelmesse in München seine Bilanzzahlen vorstellt. Möglicherweise ist dann seine Laune mehr so mittel. Als Stimmungsaufheller könnte dann ein Wochenende daheim dienen, nicht in Heilbronn, sondern bei Gummersbach, wo von Preen seinen Wohnsitz hat. Dort hat er keinen Decathlon-Markt vor der Haustür.

Noch.

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