Der Spruch "Zeit ist Geld" gilt auch im Handel. Hier allerdings gibt es ein paar Orte, an denen die Bedeutung im Alltag noch ein wenig deutlicher zu sehen ist. Zu diesen gehören Bahnhöfe, vor allem in den morgendlichen und abendlichen Zeiten der Rushhour. Dann zählt jede Sekunde, auch beim Bezahlen. Die Back- und Imbisskette Yorma's hat hier viel investiert, um ihren Kunden Zeit zu sparen.

Yorma's ist quasi mit und an Bahnhöfen groß geworden: Unternehmensgründer Yorma Eberl übernimmt 1985 die Bahnhofsgaststätte der "Eisenbahner-Stadt“ Plattling in Niederbayern. Als er 1989 auf den Ladenbau-Berater Karl Kraft trifft, beginnt die eigentliche Geschichte von Yorma's.

Eberl und Kraft entwickeln das bis heute angewandte Konzept, Pendlern und anderen Reisenden in Bahnhöfen oder an Verkehrsknotenpunkten all das anzubieten, "was der eilige Reisende braucht“. Das sind vor allem Snacks, kalte Getränke und Kaffeespezialitäten zum Mitnehmen, der Verkauf soll günstig, schnell und unkompliziert ablaufen.

Die Kunden wollen es günstig, schnell und unkompliziert

Die ersten Filialen werden 1990 in Coburg und Erlangen eröffnet. Seitdem ist das Unternehmen, das seit 2001 als AG mit Sitz in Plattling firmiert, jedes Jahr gewachsen. Heute stehen zwischen Rosenheim und Hamburg 59 Filialen von Yorma's, die Mehrzahl davon in Süddeutschland. Allein 26 gibt es in Bayern, 12 in Baden-Württemberg.

Die Yorma's-Filiale in Essen liegt in der Bahnhofspassage direkt zwischen den Aufgängen zu zwei Bahnsteigen.
© DBZ / Benedikt Falz, 2019
Die Yorma's-Filiale in Essen liegt in der Bahnhofspassage direkt zwischen den Aufgängen zu zwei Bahnsteigen.
Das Konzept ist von Anfang an auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten, nicht nur im Hinblick auf das Sortiment. Mit den schnellen Kunden, die an Hochfrequenzstandorten wie großen Bahnhöfen in der Regel keine Zeit zum Verweilen haben, muss auch der Verkauf mithalten. Das Personal soll freundlich und kompetent, in erster Linie aber schnell sein.

Der schnelle Service beginnt beim Bedienen und endet beim Kassieren: „Immer mehr Pendler wollen schnell bezahlen oder haben schlichtweg gar kein Bargeld bei sich“, weiß Tamara Eberl, Marketingleiterin bei Yorma's. Vor allem die jüngere Zielgruppe habe immer seltener Münzen und Scheine im Portemonnaie.

Bis zu sechs Lesegeräte pro Filiale

Mit dem Angebot, auch kleine Beträge bargeldlos zahlen zu können, setzt Yorma's im umkämpften Pendlergeschäft ein Zeichen. Und das offenbar mit Erfolg, so Tamara Eberl: „Im Jahr 2017 haben wir den reinen Bargeldverkehr um die Möglichkeiten zur bargeld- und kontaktlosen Zahlung erweitert. Seitdem sind die Nutzungszahlen in jedem Monat gestiegen.“ 

Dank moderner System wird ein geschlossener Bargeldkreislauf im Handel möglich. Das Personal kommt mit dem Bargeld gar nicht mehr in Kontakt.
© Glory
Cash-Management

Hände weg vom Bargeld: So sorgen Händler für mehr Hygiene und zufriedenere Mitarbeiter

Ein Bonbon für zehn Cent mit der Karte bezahlen? Bei Yorma's kein Problem. Hier werden nicht nur die in Deutschland gängigen Karten wie Girocard, Maestro, Mastercard und Visa akzeptiert, auch Diners Club, die US-Karte Discover, die japanische JCB sowie die chinesische Union Pay werden angenommen.

Das habe einen einfachen Grund, erläutert Tamara Eberl: Ein typisches Frühstück aus Brezel und kleinem Kaffee koste weniger als zwei Euro, der Durchschnittsbon liege bei 2,50 Euro, eine Mindestbetragsgrenze von mehreren Euro sei daher nicht sinnvoll, wenn man den Kunden bargeldloses Bezahlen errmöglichen wolle.

Die Wahl, mit Girocard, VPay und Visa kontaktlos zu bezahlen oder Smartphone beziehungsweise Smartwatch zu nutzen, steigert den Komfort der Abwicklung für Kunden und Service gleichermaßen. Bis zu sechs Kartenlesegeräte kommen pro Standort zum Einsatz, viele davon sind mobile Modelle ohne Kabel.

Kontaktlose Zahlung als Wettbewerbsvorteil

Das Personal kann sie also flexibel auf die Theke stellen oder dem Kunden dort reichen, wo er gerade steht. Die Terminals sind Geräte des Herstellers Verifone, die an die Vectron-Kassen angebunden wurden.

An der Yorma's-Filiale im Essener Hauptbahnhof lässt sich das Funktionieren des effizienten Systems gut zeigen. Sie liegt in der Bahnhofspassage direkt zwischen den Aufgängen zu zwei Bahnsteigen und wird täglich von Tausenden Pendlern passiert.

Auf dem Weg zum Zug zählt oft jede Sekunde: Eine kontaktlose Zahlung dauert im Schnitt 11 Sekunden, eine Kartenzahlung 23 Sekunden, hat die GfK ermittelt.
© DBZ / Benedikt Falz, 2019
Auf dem Weg zum Zug zählt oft jede Sekunde: Eine kontaktlose Zahlung dauert im Schnitt 11 Sekunden, eine Kartenzahlung 23 Sekunden, hat die GfK ermittelt.
Auf knapp bemessener Verkaufsfläche stehen hier der präsente Glastresen mit belegten Brötchen, Baguettes, Snacks sowie süßen Versuchungen wie Muffins oder Donuts, ein mehrere Meter breiter Getränkekühlschrank und eine Tiefkühltruhe. Meistens sind drei Mitarbeiter gleichzeitig im Dienst.

Yorma's steht hier in unmittelbarer Konkurrenz zu den wenige Meter entfernten Filialen von Crobag und Ditsch, in den Hauptstoßzeiten zählt jede Sekunde: Kommt ein Kunde, der vielleicht einen Zug erreichen muss, nicht schnell dran, geht er weiter zu den Wettbewerbern. Die bargeldlose Zahlung sei hilfreich, um das zu verhindern, bestätigt Filialleiterin Asuman Kara: "Wir können unproblematisch abrechnen und der Kunde bekommt seine Ware sofort.“

Täglich neun Minuten für die Abrechnung gespart

Den von Kara individuell beschriebenen Zeitgewinn durch digitale Zahlungen bestätigt die Studie „Besser bargeldlos als Bargeld los". Nach der von ECC Köln gemeinsam mit Concardis im Frühjahr 2019 unter 300 deutschen Anbietern aus Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie durchgeführten Erhebung sparen drei Viertel der KMU bei der Abwicklung digitaler Zahlungen jeden Tag mehr als neun Minuten: Werden bei Bargeldzahlungen 29 Minuten für die Abrechnung benötigt, sind es bei digitalen Zahlungen weniger als 20 Minuten pro Tag.

Kontaktloses Bezahlen bedeutet im Service nochmal eine deutliche Effizienzsteigerung. Die Mobile-Payment-Initiative hat im Rahmen ihrer "Mobile in Retail"-Studie 2018 Händler gefragt, ob die Zahlung mittels Near Field Communication (Nahfeld-Kommunikation/NFC) am POS zu einer nennenswerten Zeitersparnis beim Kassiervorgang führt. Fast 80 % gaben an, eine messbare Zeitersparnis zu verzeichnen.

Die kontaktlose Zahlung dauert im Schnitt 11 Sekunden

Die GfK hatte dies bereits 2017 belegt: Sie untersuchte 840 Transaktionen im Lebensmittelhandel vom Mai und Juni 2017 und kam zum Ergebnis, dass die Bezahlung mit Girocard kontaktlos ohne PIN-Eingabe mehr als doppelt so schnell ist wie eine Barzahlung oder eine herkömmliche Kartenzahlung. Im Schnitt dauere die kontaktlose Zahlung 11 Sekunden, bei Zahlung mit Stecken der Girocard in das Lesegerät und Eingabe der PIN sei der Bezahlvorgang nach 23 Sekunden abgeschlossen. Die Zahlung mit Bargeld dauert mit 24 Sekunden in etwa so lange wie die Zahlung mit Karte und PIN.

Doch um diese Zeitgewinne zu erreichen, müssen zunächst die technischen Grundlagen geschaffen werden. Für Yorma's realisierte die Sparkasse Niederbayern-Mitte die Umrüstung zusammen mit dem Netzbetreiber.

Zunächst wurden zwei Filialen mit der NFC-Technik ausgestattet, um die Abläufe in der Praxis zu testen. NFC ermöglicht den unmittelbaren Datenaustausch zwischen zwei Geräten wie zum Beispiel Handy oder Kreditkarte mit einem Kassenautomaten. Die Daten werden über eine kurze Distanz von einigen Zentimetern per Funk übertragen.

Schulungen sorgen für Akzeptanz bei den Mitarbeitern

Die Technologie basiert auf der „Radio Frequency Identification (RFID)“, also der funkwellenbasierten Identifizierung. Während RFID jedoch wie eine Einbahnstraße funktioniert – also nur ein Sender an einen Empfänger funkt – funktioniert der Datenaustausch bei NFC-Geräten in beide Richtungen. Dieses Prinzip macht das kontaktlose Bezahlen überhaupt erst möglich.

Nach erfolgreichem Test begann die deutschlandweite Einführung: Entscheidend für den Erfolg sei hierbei gewesen, die Filialmitarbeiter – Yorma's beschäftigt 1.500 Mitarbeiter aus 76 Nationen – auf die neue Technologie vorbereitet zu haben. Für viele Beschäftigte sei das kontaktlose Kassieren ungewohnt gewesen, obgleich sie bereits Erfahrungen mit dem bargeldlosen Bezahlen gemacht hatten.

Yorma's ist mit Bahnhofsstandorten groß geworden und verkauft alles, was der eilige Reisende braucht.
© DBZ / Benedikt Falz, 2019
Yorma's ist mit Bahnhofsstandorten groß geworden und verkauft alles, was der eilige Reisende braucht.

Yorma's habe daher ein Team in alle deutschen Filialen geschickt, das die Verkaufsmitarbeiter zur Bedienung der kontaktlos-fähigen Terminals und zu möglichen Kundenfragen beziehungsweise -reaktionen schulte. Die Schulungen waren aus Unternehmenssicht sehr erfolgreich: Inzwischen sei die NFC-Technologie bei den Mitarbeitern nicht nur akzeptiert, sondern beliebt.

Am 20. September 2017 waren 125 Terminals an allen der damals 60 Standorte für kontaktloses Bezahlen ausgerüstet. Asuman Kara, Filialleiterin im Hauptbahnhof Essen, zieht heute auch in technischer Hinsicht eine positive Bilanz: „Am Standort hat es bislang noch keine Probleme mit der Technik gegeben. Das läuft ausgesprochen zügig und reibungslos.“

Von Aldi bis Tegut

Bei der Umstellung auf bargeldloses Bezahlen wurde Yorma's von der S-Payment, einem Tochterunternehmen des Deutschen Sparkassenverlags, und der Sparkasse Niederbayern-Mitte betreut.

Unternehmen, die ihr Angebot an Bezahlmöglichkeiten analog zu Yorma's ausbauen wollen, empfiehlt S-Payment, zunächst das Gespräch mit einer regionalen Sparkasse zu suchen. Danach könne sich der Firmenkunde einen Anbieter für die Hardware (den Kartenleser) aussuchen. Diese werde dann vom Hersteller oder einem Dienstleister (beispielsweise dem Netzbetreiber) in der Filiale installiert.

Bei der Wahl der Geräte könne S-Payment gemeinsam mit der örtlichen Sparkasse die Betriebe dabei unterstützen, eine passende Lösung zu finden.

Neuterminals sollten ab Werk für die kontaktlose Girocard-Zahlung geeignet sein. Bestandsterminals ließen sich durch ein einfaches Update für Girocard-Kontaktloszahlungen aufrüsten.

Die Argumente für kontaktloses Bezahlen haben nicht nur Yorma's überzeugt, sie waren offenbar auch für viele weitere Entscheider im Handel stichhaltig, wie die Liste der Filialisten zeigt, die das kontaktlose Bezahlen bereits im ersten Jahr der Girocard kontaktlos deutschlandweit eingeführt hatten: Aldi Süd und Nord, Alnatura, Baumarkt, Ditsch, dm-Drogeriemarkt, Esso, Hugendubel, Kaufland, Lidl, Norma, Penny, Rewe, Rossmann, Tegut, Toom (Stand März 2018).

MEHR ZUM THEMA:


Jens Junak, Schufa Holding AG
© Schufa Holding AG
Payment

"Valide Auskunft in Bruchteilen von Sekunden"


 Nichts geht mehr ohne Karte: In Deutschland wird seltener bar bezahlt. Smartphone oder Karte ersetzen den Geldbeutel
© S-Payment GmbH
Mobile Payment

Bares wird Rares


Wer mit seinem Gesicht bezahlt, sorgt sich nicht nur um den Datenschutz.
© Ant Financial
Technologie

Warum Mobile Payment in China schon von gestern ist