Pop-up-Stores nicht nur in Madrid und Berlin, Amazon macht sich schön für die Fläche. Aber das ist nur Marketing. Denn möglicherweise wird im Geheimen das ganz große stationäre Rad gedreht, und daran ist auch das Logistikdesaster in Deutschland schuld. Vielleicht ist das nur Spinnerei. Aber was, wenn nicht?
Nun ist es bei Macy's ein bisschen so wie bei Karstadt und Kaufhof - Käufer gibt es auch dort immer weniger. Untervermietungen sind demnach auch für die in die Jahre gekommen Warenhausamerikaner nicht schlecht. Doch die neun Facebook-Lädchen mit gut 25 Quadratmeter Fläche sind nur bis 2. Febuar geöffnet, und was an dessen Ende steht, ist fraglich. Allenfalls hülfe es, sich als Händler zu bewerben, denn der eigene Onlinemarktplatz braucht ja noch etwas Anschubhilfe.
Nichts los im Facebook-Laden
Dass die Konsumenten darauf gewartet haben, lässt sich bisher nicht feststellen. Der Reporter der "Süddeutschen Zeitung" hatte dieser Tage bei seinem Besuch dem New-Yorker-Store Zeit für ein Vieraugen-Gespräch mit der Verkäuferin, so leer war es hier.
Etwas Großes scheint zu köcheln auf dem Amazon-Herd. Dass deutsche Immobilienberater mit der Suche nach entsprechender Flächen beauftragt sind, ist nichts Neues mehr. Nur über deren Verwendung gibt es bisher kaum verwertbare Informationen.
Wer braucht den ganzen Non-Food-Krempel?
Aber man kann ja mal herumspinnen. Was ist oder wird in absehbarer Zeit frei?Hmmm, richtig - die Real-Märkte.
282 dieser SB-Warenhäuser genannten Relikte aus alten Einkaufszeiten gibt es noch, und der Eigentümer Metro will die ganze Einheit verkaufen. Denn mit Real ist nichts mehr zu holen. Ein Problem dieses Formats ist der ganze Non-Food-Krempel. Wer mutet denn Real heute beispielsweise noch Sortimentskompetenz für Mode zu?
Pop-up-Stores sind doch nur Marketing
Doch wer kauft heute auf einen Schlag 282 stattliche Filialen, oft an den Rändern der Städte gelegen? Niemand. Aber wer für einzelne Häuser in Frage kommt ist: Amazon.Wie, was - hä? Wird da mancher aufstöhnen.
Aber ja. Das bisschen Pop-up-Gedöns ist es doch nicht. Das dient nur dem Marketing. Man kommt in die Zeitung und ist in aller Munde.
Online könnte noch mehr wachsen, wenn es die Logistik zuließe
Was Amazon braucht, brauchen alle Onlinehändler, aber das ist immer weniger zu bekommen - ein reibungsloses Logistiksystem, um die Waren zu den Kunden zu bringen. Die berühmte letzte Meile wird zur Kriechspur, das wird heute die künstlich erzeugte Rabattschlacht-Sonderkonjunktur von "Black Friday" (heute) und "Cyber Monday" (nächste Woche) zeigen, wenn die Menschen wie besessen einkaufen. Und wenn nach dem Kaufrausch noch Geld übrig ist, dann stürzen sich die Konsumenten ins gute alte Weihnachtsgeschäft - und spätestens dann wird der Ausliefer-Overkill kommen.
Die Kunden kommen zu Amazon
Die Lösung: Amazon kommt nicht mehr zu den Kunden - sondern lässt die Kunden zu sich kommen. Und zwar in die alten Real-Märkte. Diese werden zu einem Teil zu einer Convenience-Welt mit Gastronomie, Amazon Locker-Paketstation, Geldautomaten und allem, was sonst noch nett ist - das Eigentliche ist aber im hinteren Teil: ein gewaltiger Abholbereich für bestellte Waren.Sonntags geöffnet
Noch ein Vorteil bei diesem System: Wer einen Gastronomiebetrieb anbietet, der kann diesen auch zu später Stunde und an Wochenenden öffnen. Die Abholstation hat dann halt auch offen; erst ein Käffchen trinken bei Amazon, dann schnell noch die neue Winterjacke mitnehmen.
Digital Natives halten Karstadt für eine Ortschaft
Auch mit einem neuen Geschäftsmodell, denn auf den Onlinehandel kommen ja noch turbulente Zeiten zu. Bisher fließt ja ein Teil des Konsumentengeldes in den stationären Handel, weil es vor allem die Generation der Rentner dorthin trägt. Aber was ist vielleicht in fünf oder zehn Jahren, wenn diese analogen Menschen weggestorben sind - und die Generationen Y und Z erwachsen sind, ordentlich Geld haben und einkaufen wollen? Das sind die Digital Natives, die Karstadt für eine Ortschaft halten und gewohnt sind, sich bei Zalando oder About You die Outfits nach Hause schicken zu lassen, anprobieren und fast alles zurückschicken. Die gehen -außer für Instagram-Fotos - kaum noch in Fußgängerzonen, sondern bestellen von unterwegs per iPhone 10, 11 oder 12.Weihnachtsgeschenke? Je jünger desto online
Wenn es die Käuferschicht der heutigen Alten nicht mehr gibt, kommt es zu einer tektonischen Verschiebung des Einkaufsverhaltens in Deutschland - online wird massiv zulegen. Das lässt sich ja jetzt schon daran ablesen, wie die Deutschen ihre Weihnachtsgeschenke einkaufen. Je jünger desto online. So steht es auch in der gewaltigsten Weihnachtsstudie seit Menschengedenken, verfasst von der Hochschule für Ökonomie & Management in Essen, die dafür sage und schreibe 55.700 Probanden befragt hat.Man darf und muss bezweifeln, dass die Logistik auf diesen Paradigmenwechsel vorbereitet ist. Also baut Amazon vor. Denn es wird künftig nur noch mit Pick-up-Stationen gehen, um die Bestellmasse in den Griff zu bekommen. Und dafür reichen nicht mehr Hinterzimmer von Kiosken - dafür müssen große Räume her. Womit wir wieder bei den Real-Märkten sind, die alles haben, was man zum Abholen braucht. Denn die immer diskutierten Warenhäuser eigenen sich ja nur bedingt, weil kompliziert anzusteuern sowie mehrstöckig, was eine Neunutzung von vornherein erschwert. Also Real. Metro-Chef Olaf Koch wird am Ende kaum noch eine andere Wahl bleiben, weil so schnell kein Einzelkäufer seine 282 Filialen aufkaufen wird. Vielleicht greift Amazon sich 50, vielleicht sogar 100 Häuser, vielleicht auch nur 10. Aber dass sie zugreifen könnten, ist so abwegig nicht.
Wenn es denn so kommt, dann empfehlen Sie uns gerne weiter. Wenn nicht, dann haben wir Ihnen bis hier hoffentlich ein paar neue Gedanken mit auf den Weg gegeben.